laut.de-Kritik
Wie Klaus Lage in unsexy, live vom Kirchentag.
Review von Sven KabelitzVor zwei Jahren hatten Kettcar etwas Dringendes mitzuteilen, also kamen sie mit "Ich Vs. Wir" zurück. Der Protest gegen AfD, Pegida, die Entwicklung Deutschlands und das Schweigen anderer Musiker*innen trieben sie an. Zwei Jahre und eine EP später hat sich nicht viel geändert, aber Kettcar verabschieden sich mit dem Live-Album "...Und Das Geht So" und einer Abschiedstour erst einmal wieder in die Stille.
Es ist nicht so, dass Konzert-Mitschnitte niemals großen Sinn ergeben. Manche zeigen Acts von einer komplett anderen Seite. Mal erstrahlen die Songs in einem neuen Licht, mal wohnt den Aufnahmen eine ganz eigene Energie inne, erreichen sie eine ganze Generation. Im Optimalfall kommt alles zusammen. Auf "...Und das Geht So" ist nichts davon der Fall.
Zwar gibt es mit Philip Sindy, Sebastian Borkowsk und Jason Liebert ein dreiköpfiges Bläser-Ensemble, eine zweite Strophe zu "Balkon Gegenüber" und durchaus interessante Ansagen, aber im Großen und Ganzen bleiben Kettcar den Albenversionen treu. Wirkliche Stimmung kommt wegen der zu sterilen Produktion und des mittelprächtigen Sounds nicht auf. Kettcar klingen hier zeitweise wie Klaus Lage in unsexy, live vom Kirchentag. Sind Marcus Wiebuschs Aussagen auch noch so mutig und wichtig, die Musik klingt grausig brav und blass.
Die 21 Songs führen durch sämtliche Alben, wobei der Fokus klar auf dem Debüt "Du Und Wieviel Von Deinen Freunden" und "Ich Vs. Wir" liegt. Vom kraftlosen "Zwischen Den Runden" schafft es mit "Rettung" nur ein Stück in die Tracklist. Dabei kommen Kettcar ohne große Overdubs und Ähnliches aus. Ganz authentisch bekommt man sie mit jedem Verspieler zu hören.
Ausgerechnet das von Wiebuschs Solo-Album "Konfetti" reingeschmuggelte "Der Tag Wird Kommen" markiert den Höhepunkt. Die Bläser passen, es gibt einen kleinen Crossover-Part und eine schöne Steigerung zum Ende, die jedoch gerne noch etwas länger hätte dauern können. Dagegen geht ausgerechnet "Sommer '89 (Er Schnitt Löcher In Den Zaun)" in die Hose. Wiebusch hetzt durch den Track, als sei Höcke persönlich hinter ihm her. Als wolle er den Song so schnell wie möglich hinter sich bringen. Wer wissen möchte, wie man ein Spoken Word-Lied mit miserablem Timing tötet, findet hier ein gutes Beispiel.
Die bereits erwähnte zweite Strophe von "Balkon Gegenüber", die Kettcar dem Track nach 18 Jahren spendierten, erreicht nicht die Ausdruckskraft der ersten, erweist sich also als verzichtbar. "Im Taxi Weinen": live sicher ein schönes Erlebnis, nun dabei zuzuhören, eher nicht. In ihrem vielleicht schönsten Song gibt es einen Minute lang nur entfernte Fetzen des Sängers und das leise Publikum zu hören. Diese Melange schränkt den Spaß an dieser Taxifahrt deutlich ein. "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint."
Also warum nicht einfach weiter die Studio-Versionen hören? Die Argumente dafür, nach "...Und Das Geht So" zu greifen, sind spärlich gesät. Höchstens als Erinnerungsstück an die vergangene Tour oder aus Sammelgründen.
7 Kommentare mit 19 Antworten
"den Albenversionen treu"
"Ganz authentisch bekommt man sie mit jedem Verspieler zu hören."
Ganz klar, du hörst auch nur was du hören möchtest beim flotte Sprüche finden. Selbstgerechter Kritiker!
"Dagegen geht ausgerechnet "Sommer '89 (Er Schnitt Löcher In Den Zaun)" in die Hose. Wiebusch hetzt durch den Track, als sei Höcke persönlich hinter ihm her."
Das nennt man allgemein das der Song neu arrangiert wurde und deine politischen Kurzschlüsse gehen schon gar nicht auf. Was hat AFD/Rechter Mob/Höcke mit der Flucht über die ungarische Grenze 89 zu tun? Kritiker wird albern!
Läßt sich bestimmt noch mehr an Unsinn finden, aber da lohnt nicht das lesen, lieber hören das Album und sich ein eigenes Bild zimmern. Kritiker versenkt!
Persönliche Meinung, wer Kettcar jemals live gesehen hat wird viel auf dem Album wieder finden. Allein das reicht um mindestens 4/5 zu zücken.
Gruß Speedi
P.S.: Übrigens selten hat man Wiebusch so deutlich seine Texte singen auf Studioalben gehört. Ach das eine Livescheibe. Kritiker hatte Ohrenkrebs!
Was hat AFD/Rechter Mob/Höcke mit der Flucht über die ungarische Grenze 89 zu tun? Kritiker wird albern!
Alles? Das ganze Album existiert nur wegen Höcke und der AfD.
Also ich kann dem, ähnlich wie der Kritiker, auch nicht viel abgewinnen. Und die Stimme kickt mich auch nicht. Eine Wertung will ich nicht abgeben aber einen Sympathiepunkt für die klare Kante.
album natürlich kernschrott, höcki selbstverständlich ehrenmann
Ich halte Speedis Post für bare Ironie.
Speedicozal: Mein Reden!
Selbstverständlich Ironie, das is klar. @Fast, bei mir ist immer eine Menge Herzblut dabei, wenn ich mich aus dem Fenster lehne. Und ich mag Kettcar schon immer! Würde mich nicht als Fan bezeichnen, aber ich mag vor allem die vielen hervorragenden Texte in denen man sich wieder finden kann. Diese haben so viele versteckte komplexe Botschaften, das sie mich als komplizierter Mensch besonders ansprechen. Dazu mag ich auch Geradeauspolitik. Da bin damit auch bei @c452h.
Die Wende 89 hab ich wie viele am Fernsehen verfolgt und es ist eines der Ereignisse die mir für Ewig im Gedächtnis bleiben. Die Flucht über die ungarische Grenze, war sicher wichtig aber sagt mehr über Ungarn bzw. den Fall des Eisernen Vorhang aus, als über die Wende an sich. Natürlich steht das Ereignis im Zusammenhang auch mit der innenpolitischen Situation hier in der BRD und der damaligen DDR.
Aus eigenem Erleben am Fernseher oder Radio war aber eine ganz andere Fluchtbewegung viel wichtiger für die Wende. Nämlich die Fluch in die Prager Botschaft und Gelände. Nach dem Genscher (Außenminister der BRD) diese raus verhandelt hat, sind die über eine Bahnverbindung mitten durch die DDR in die BRD gebracht worden. Und in jedem großen Bahnhof der DDR und wahrscheinlich auch in vielen Kleinen standen die Bürger der DDR und jubelten ihren (Republik-)Flüchtlingen zu. Neben der verunglückten Pressekonferenz von Schabowski und den offenen Protesten in Leibzig, wohl der Untergang der DDR.
Das einzige Wort bzw. Ereignis was irgendwie konstruiert mit Höcke im Zusammenhang steht, ist der Begriff Flucht/Flüchtling. Höcke ist in der BRD groß geworden und ein elendiger Geschichtsverfälscher, der die einseitig politisch gebildeten Menschen (und sonstige Versäumnisse vor allem der Politik hier in der BRD) in Thüringen volllabert und nicht mehr. Flüchtlinge die vor allem 2015 über die sogenannte Balkanroute gekommen sind, sind aus ganz anderen Gründen Flüchtlinge als die 89. Das ist wie Äpfel mit Birnen vergleichen und ich halte das für unzulässig.
Stichwort Balkanroute, daran wird besonders deutlich was das für ein Konstrukt ist. Wo war Orban 89?
Speediconzal: Danke für deinen Kommentar! Hat mir viel Schreibarbeit erspart! :-P
Kein Ding @Air.
Gerade das vermengen und in einen Topf werfen von unterschiedlichen Ereignissen, stärken den rechten Mob al a Höcke u. Co.
Die Antwort darauf ist genaues Differenzieren und nicht Musikkritiker die scheinbar von der Materie keine Ahnung haben.
Das ist gerade bezogen auf die demokratischen Kräfte DE´s, demokratische Parteien damit gemeint, besonders fatal, da sie sich diese flotten Sprüche zu eigen machen und damit Deutschland erpressbar machen, siehe Türkei. Zu guter letzt nehmen sie billigend in Kauf das z.B. Flüchtlinge immer noch absaufen im Mittelmeer.
Und jetzt komme mir bitte keiner mit dem Spruch, wir könnten nicht alle retten! Versuchen müssen wir es! Das ist Pflicht, Menschenpflicht.
Die waren schon immer scheiße. Werde das Bierzelt-Konzert auf dem Southside 2003 nie vergessen. Parolenmucke für Leute, die glauben, dass sie zu cool für Parolen sind.
"Und Einsehen zum Schluss, dass man weitermachen muss" - das ist keine Parole, sondern Lebensweisheit.
Meinten Sie: Binsenweisheit?
Wenn es berührt, ist es eine Lebensweisheit!
Glasklar...
Spass beiseite: manche Zeile auf "Du und wieviel von deinen Freunden" oder "Sylt" ist schon ganz einprägsam. Gleichwohl war ich nie derjenige, der sich das dauerhaft anhören kann, das ist mir zu weinerlich und die Bilder beim zweiten Hören stark verbraucht (ähnlich wie Blumfeld).
Die Sachen, die Wiebusch mit "...But Alive" gemacht hat, sind dann eher mein Ding.
Wir können uns gern duzen.
Southside...Yuppi Festival also...sagt genügend über dich aus.
Ich war jung und hatte die Karte zum 18. geschenkt bekommen. Und wegen Sigur Rós, Radiohead, Goldfrapp und Massive Attack hat sich die Fahrt definitiv gelohnt. Blackmail waren auch gut. Aber es war gleichzeitig das letzte Festival meines Lebens, fand das Drumherum schrecklich.
Röyksopp und die Mighty Mighty Bosstones nicht zu vergessen... war aber dann auch mein letztes grosses Festival.
"Southside...Yuppi Festival also...sagt genügend über dich aus."
Hast hier schon intelligentere Postings verfasst!
Squalle hegt Ambotionen der nächste Forenhund zu werden.
Ich muss ihn wohl im Auge behalten.
Was nennst du mich Hund du Hund.
Ich dachte so etwas heißt Troll?
Völliger Quatsch. Außerdem: Wer ein Album gegen AfD, Höcke und Co. aufnimmt, ist wichtig und gut.
Mir ist scheissegal, ob ein Sänger sexy ist oder nicht. Aber singen sollte er können. Daran scheitert es für mich.
Was SK und viele Idioten hier abladen ist schon sehr peinlich, für mich eines der besseren Live-Scheiben der letzten Jahre. 3,5-4/5 würde absolut in Ordnung gehen. Gute Songauswahl.
Weg damit. Sven und Virpi haben alles dazu gesagt.