laut.de-Kritik
Die kleine Schwester macht jetzt mit ihrem Banjo Techno...
Review von Daniel StraubDer Zirkus ist ein wunderbare Erfindung, eine Welt für sich, möchte man meinen. In seinen Anfangstagen, als P.T. Barnum mit seiner "Greatest Show On Earth" die Menschen des 19. Jahrhunderts in Staunen versetzte, war der Zirkus eine Experimentierstube für allerlei Neues, Anderes, Skurriles oder Absurdes. Als solche versteht wohl auch die amerikanische Musikerin Kevin Blechdom aka Kristin Erickson ihr Debütalbum "Bitches Without Britches", das in diesen Tagen auf Chicks On Speed Records erscheint. Mit den drei Chicks und Kevin Blechdom haben sich allem Anschein nach Verbündete im Geiste gefunden.
Gemeinsam ist beiden die respektlose und unbekümmerte Art und Weise in der sie sich inszenieren. Die Chicks in selbst genähten Klamotten, Kevin Blechdom als anarchistische, Banjo-spielende kleine Schwester, die auch nicht davor zurück schreckt, mit selbigem Instrument einen Electro-Track einzuleiten ("Binaca") beziehungsweise immer mal wieder zu kurzen Soloeinlagen anzusetzen ("I Am Nastay"). Gleichzeitig finden sich auch durchaus tanzbare Electro-Tracks wie "Always Frank" oder eben schon erwähntes "I Am Nastay" auf "Bitches Without Britches".
Die werden aber schon im selben Song wieder karikiert, wenn man seine Ohren mal ein bisschen spitzt und den hoch-absurden Texten von Kevin Blechdom etwas Aufmerksamkeit zukommen lässt. Überrascht fördert man dann so kleine Erfolgserlebnisse wie dieses hier zu Tage und kann sich meist nicht mehr halten vor Lachen: "Ever Since I Got Binaca, I Don't Have To Brush My Teeth Anymore, Ever Since I Got My Period, I Don't Have To Buy Red Panties No More, Because I'm Free, Free From Hygenic Responsibility". Stabreim rules und Dichtkunst sowieso!
Kevin Blechdom ist die logische Weiterentwicklung der Konzeptkunst der Residents mit den Mitteln der Techno-Generation. Das Spiel mit Bezügen, bei The Residents noch oftmals im Obskuren, erhebt Kevin Blechdom zu ihrem Stil. Geheimnisse gibt es dabei nicht mehr zu lösen. Man muss sich nur begeistern lassen von der Frische und Leichtigkeit, mit der die 15 Songs eingespielt sind. Dann tanzt man bei der wunderbar falsch gesungenen "Private Dancer"-Coverversion längst durch die heimische Wohnung.
Wer gerne und viel lacht wird mit "Bitches Without Britches" seine helle Freude haben und dazwischen reichlich coole Sounds finden, die den Lachmuskeln vorübergehende Entlastung bringen. Wer für kindliche Verspieltheit und Respektlosigkeit nichts übrig hat, der lasse seine Finger von dieser CD!
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