laut.de-Kritik
Eine etwas überambitionierte emotionale Achterbahnfahrt.
Review von Fabian MerloAuf seinem Debütalbum "Man On The Moon: The End Of Day" entführte uns Kid Cudi in sein eigenes Sounduniversum und seine Träume. Ein gutes Jahr später sind wir beim Sequel und in der Realität angelangt. Einer vom schnellen Erfolg und den damit verbundenen Problemen mit Kokain und Alkohol geprägten Realität, die in der Klatschpresse feinsäuberlich dokumentiert wird.
Genau wie beim Vorgänger unterteilt Cudi das Album in fünf Akte. Obwohl oder gerade weil ich ohne spezifische Erwartungen an das Album herangegangen bin, ziehen mich die sechs Tracks der ersten beiden Akte in den Bann. Die Symbiose aus düsterem Soundbild und Cudis Reflektionen funktioniert ab den ersten Klängen des Openers "Scott Mescudi Vs. The World", das mit melancholischem Beat und starker Hook von Cee-Lo glänzt.
Für einen weiteren frühen Höhepunkt sorgt "Don't Play This Song", das mit empfindlich ehrlichen Lyrics und dem perfekten Zusammenspiel von Kid Cudi und Mary J. Blige in der Hook punktet. Der düstere Text, der in Selbstmordgedanken gipfelt, wird außerdem von den unter der Leitung von Larry Gold eingespielten dramatischen Streichern eindringlich untermalt.
Für die nötige Spannung sorgen die Strings auch beim ansonsten simpel aber effektiv gestrickten "REVOFEV". Auch das mit lieblichem Piano und atmosphärischen Chorgesängen bestückte "Marijuana" überzeugt, besonders da es nicht zu einer unreflektierten Liebeserklärung an seinen stetigen Begleiter verkommt.
Der 26-Jährige gibt beileibe keinen übertrieben versierten Rapper, geschweige denn einen begnadeten Sänger ab. Der Auftakt der Platte zeigt aber, dass er dennoch stimmungsvolle Songs schafft. Jedoch erreicht Cudi diese Dichte in den nächsten drei Akten nur noch ansatzweise. Neben dem spannend instrumentierten "The Mood" stellt "These Worries" die große Ausnahme dar. Wieder wird in perfekter Harmonie mit der Drama-erprobten Mary J. Blige die schwere Last auf den Schultern thematisiert.
Natürlich gibt es auch noch die mit Labelchef Kanye West eingespielte Pop-Rock Nummer "Erase Me", deren Wahl als Single nachvollziehbar ist - auch wenn der Song keineswegs repräsentativ für das Album steht. Egal, ob man den Track mag oder nicht: Spätestens nach dem zweiten Durchlauf bleibt er im Ohr kleben.
Nach dem musikalisch äußerst kompakten Beginn, schwächelt die Platte im Mittelteil bei den eher minimal instrumentierten Stücken wie "Wild'n Cuz Im Young" oder dem von Chuck Inglish (The Cool Kids) produzierten "Ashin' Kusher". Die eher mageren Rap-Skills und der eintönige Flow fallen hier deutlicher ins Gewicht. Ähnlich verhält es sich mit "Mr. Rager", das zwar über eine eingängige Hook verfügt, mit seiner etwas schlichten musikalischen Unterlage aber die gesanglichen Grenzen von Kid Cudi aufzeigt.
Eingelullt in die düsteren Sounds und Gedankengänge überrumpeln die vergleichsweise versöhnlichen Töne des letzten Aktes im ersten Moment. Bei aller Melancholie von "All Along" beschleicht einen doch das Gefühl, Cudi habe sich irgendwie mit der Einsamkeit arrangiert. Auf dem abschließenden "Trapped In My Mind" resümiert er dann gar: "You see I'm trapped in my mind / And I know it's crazy / Hey it's not that bad at all." Euphorie klingt freilich anders, doch darf dies durchaus als versöhnliches Ende und vielleicht als Vorgeschmack auf den Abschluss der Trilogie gewertet werden.
Auf den 17 Songs erlebt man eine emotionale Achterbahnfahrt durch Depressionen, Zweifel, Ängste und Exzesse, mit einigen lichteren Momenten, aber auch mit dem Selbstbewusstsein eines jungen, erfolgreichen Musikers. Konzeptalben kränkeln gerne an Überambitioniertheit - diese Symptome zeigt auch "Man On The Moon II: The Legend Of Mr. Rager" deutlich.
Zugute halten muss man Kid Cudi aber, dass er nach dem Erfolg des Crookers-Remix' von "Day N Nite" nicht die sichere Schiene wählte und die momentan so angesagte Fusion aus Rap und Electro auf Albumlänge plattwalzt. Er bringt weiterhin den Mut auf, seiner Vision zu folgen und einen eigenständigen musikalischen Kosmos zu erschaffen. Dafür gebührt ihm Respekt - auch wenn dabei nicht in jedem Fall rundum gelungene Songs herausschauen.
8 Kommentare
Mit der Review stimm ich voll und ganz überein. Kein Überwerk, aber durchaus gut hörbar 3/5 passt.
Cool, klingt gar nicht mehr so hipster-mäßig!
klang noch nie hipster-mäßig, da hat sich der rezensent der ersten platte einfach ein bisschen überhoben. Vom Sound nehmen sich die beiden Alben nicht viel, ich fand jedoch die erste Platte besser.
das album wäre sicher gelungener, wenn er einfach ein paar tracks rausgelassen hätte. 17 sind schon recht viel.
ansonsten ein solides, gut hörbares album. es ist keine meisterleistung, kid cudi kein begnadeter sänger und rapper. aber er hat einfach das gewisse etwas und wirkt immer authentisch. wird demnächst definitiv auf meiner playlist landen
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Fande das erste Man on the Moon von Cudi auch besser, aber hier gibts durchaus auch Banger wie der Track mit Cee-Lo Green oder Marijuana… Solides Album