laut.de-Kritik
Käsige Indie-Gitarren, genölte Reime und Gaga-Fantasien.
Review von Alexander EngelenAuf dem Hipster Rap-Thron ist noch ein Plätzchen frei und Kid Cudi, ein junger Mann aus Cleveland, erhebt Anspruch darauf. Die richtigen Voraussetzungen bringt er mit: Er hat die musikalische Open-Mindedness, er rappt so gerne und schludrig wie er singt, verpackt die dicken Eier in ein wenig zu engen Hosen und gibt auch sonst nicht viel darauf, in ein Hip Hop-Bild zu passen, das von engstirnigen Säulen-Apologeten dereinst in den Stein gemeißelt wurde.
Doch Kid Cudi zeigt auf seinem Debüt in knapp 60 Minuten, wie Rap im Jahre 2009 zu klingen hat: nicht wie Rap! Auf "Man On The Moon" grasen 15 Songs auf den synthetischen Weiden der neuen Club-Welt, schnabulieren mal bei Kanyes 808-Drums, mal bei schmachtigen 80s Synthie-Sätzen und erfreuen sich auch sonst an einem Sound-Entwurf, der sich aus den Ideen einer neuen, nun ja, coolen Pop-Generation zwischen Ratatat und MGMT speist.
Glöckchen läuten, Streicher zirpen, Elektro-Laute piepsen und Cudi setzt im Opener hauchend zum Gesang an: "I can have anything and everything I ever wanted. I can think of anything and everything I ever needed. Here in my dreams!" Damit liefert der Freigeist sogleich den richtigen schlafwandlerischen Einstand (lies: das trotzige Totschlagargument für etwaige Hater).
CuDi will Künstler sein. Um jeden Preis. Dabei lässt er natürlich die wichtigste Regel für den modernen Hipster nicht außer Acht: Strenge dich richtig an, so dass niemand merkt, wie sehr du dich anstrengst. Musik wie Flanellhemden von Chanel. Kalkuliertes Understatement, das seinen Preis hat. Ein paar genölte Reime hier, einige frech gebrummte Gesangseinlagen da - fertig ist der Soundtrack für diejenigen, die sich die Jeans vom Designer zerlöchern lassen.
"Man On The Moon" folgt einem Konzept, das den jungen Künstler mit Hilfe seiner Träume, Wünsche, Ängste und Freuden in fünf Akten beschreibt. Den roten Faden liefert Alt-Rapper Common, der den allwissenden Geschichtenerzähler gibt: "This is the story of a young man who not only believed in himself but his dreams, too."
Die Genre-/Thema-/Stil-Grenzen sind dabei fließend - das hat Cudi offensichtlich von Ziehvater West gelernt. Sex-Fantasie auf Lady Gaga-Sample ("Make Her Say"), abstrahierte Mims-Referenz ("Soundtrack 2 My Life"), käsige Indie-Gitarre ("Up Up & Away") und Downtempo-Clubnummer mit Hit-Potential ("Day'n'Night") - im Cudi-Kosmos ist alles zu finden.
Richtig gut wird es, wenn die New Yorker Synthie-Instrumentalisten von Ratatat ihre treibenden Trademark-Beats zur Verfügung stellen ("Alive" und "Pursuit Of Happiness") oder Kanye West seine Achtziger-Affinität einmal mehr mit zerfledderten Schepper-Drums und simpelsten Synths therapiert ("Sky Might Fall"). Genau das unterlegt passend Cudis Kopfkino und gibt dem freshen Stoner den nötigen Kick für seine bewusst schludrige Stimme.
Ob und wie man das nun schlussendlich Rap nennen kann, müsste Cudi freilich noch mal mit Afrika Bambaataa klären. Aber vielleicht schaut der Mann vom Mond ja kurz bei Planet Rock vorbei.
40 Kommentare mit einer Antwort
album ist top deluxe fantastico usw.
super chillig, entspannte flows, außergewöhnliche beats und ein gutes gesamtkonzept. zum guten rapper macht ihn das nicht, aber das stört kaum.
die review drängt viel zu stark den "Hipster"-aspekt hervor, finde ich. ich sehe kid cudi gar nicht so stark darin.
das album ist wirklich außergewöhnlich. es klingt "schwebend" (ein anderes wort fällt mir nicht ein) und selten aufdringlich. da macht das konzept wirklich sinn: musik, die man beim (ein)schlafen hört. fasziniert mich.
ist auf jedenfall wesentlich besser las das Jay-Z Album
Meilenstein
Finde es auch Dope… Der Anfang einer Legende des heutigen Hip Hop. 3 Sterne sind wirklich zu wenig 4 hätte es mindestens verdient, vor allem weil damals (vor 13 Jahren) rauskam, einfach so von dem ganzen Mainstream Rap unterschied und zwar erfolgreich !
*es