laut.de-Kritik
Sommerpop für den Stadtverkehr.
Review von Joachim GaugerDen Anfang musste ich drei- oder viermal hören (und suchen: Promokassette!), denn erst konnte ich es gar nicht glauben. Reichlich unbedarft klettert der Bass nach kurzem Wabber-Intro immer wieder die gleichen drei Schritte die Leiter hoch, dazwischen perlt leichtfertig der flottere Dreiklang einer verfremdeten Gitarre.
Nur wenige lyrische Töne gestattet sich Sängerin Sian Evans in "Wasting My Time", ehe allzu schnell der Refrain sein strenges Regiment antritt. Dann hat die Stimme keine Freiheiten mehr, dafür dürfen die Saiteninstrumente jetzt richtig bratzen.
Immerhin bollert dieser Pop-Rock noch halbwegs krachig aus den Boxen (oder sollte ich mal Dolby einschalten?). Wie auch immer, "All In My Head" muss ich jedenfalls nicht zweimal hören. Während Streicher und eine weiche Gitarrenbürste die Vorab-Single geruhsam einseifen, habe ich reichlich Zeit, mich über die Verwandlung von Kosheen in eine harmlose Poprock-Band zu wundern.
Neben den vor allem anfangs sehr starren Songkonstruktionen stört auch im weiteren Verlauf die rhythmische Einfalt. So penetrant hauen die ehemaligen Breakbeat-Pioniere auf die Eins, dass man unwillkürlich denkt, solche Beats hätte auch Lieschen Müller oder R2D2 programmieren können. Auch hat Sian Evans, die auf "Hide U" als wunderbar kühle Trip Hop-Queen auffiel, weder die Stimme noch den Atem zur Rockröhre.
Immerhin deuten das sphärische Ende von "Blue Eyed Boy" oder das überraschende Intermezzo in "Suzy May" an, dass vielleicht doch noch nicht jeder Klang erfunden und nicht jede Tonfolge gespielt ist. Seltsamerweise enthält meine Promokassette mit "Swamp" noch einen Song, der auf dem Album scheinbar fehlt; in gewissem Sinn eine verständliche Entscheidung, das Instrumental erinnerte mit seiner dunklen Wucht noch am ehesten an die mutigen Kosheen.
Wenigstens richtig in Fahrt kommt die Rhythmusmaschine mit "Wish", das vielleicht etwas zu lang geraten ist, sich aber sonst rock-technisch keine Blöße gibt. Abgesehen vom tapsigen "Coming Home" bleibt's auch in der Folge hörbar. Dabei erinnert besonders "Ages" an den flotten Sommerpop, mit dem sich Morcheeba bereits 2002 in den Charts lümmelten. "Charango" hatte immerhin eine Halbwertszeit von einigen Monaten, "Kokopelli" wird in meinem Auto (wo alle Tapes landen), wohl nicht oft gespielt werden. Vielleicht mal im Stadtverkehr ...
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