laut.de-Kritik
Riffmonumente mit dem Vorschlaghammer.
Review von Manuel BergerWenn die Speerspitze des Sludge einen Song namens "Crusher" aufnimmt, weiß man, wohin die Reise geht. Der Opener hat seinen Titel nämlich mehr als verdient. Kylesa büßen auf "Exhausting Fire" nichts von ihrem angestammten Druck ein.
Aber nicht nur die tonnenschweren Riffmonumente machen das Hören reizvoll und sorgen des Öfteren für offene Münder. Zieht man den Vorhang beiseite, enthüllt er die vielen feinen Rädchen der Percussion-Fraktion. Mit Carl McGinley war im Gegensatz zu live im Studio zwar nur ein Drummer am Werk. Das heißt aber keineswegs, dass hier weniger passiert. After all: Studiomöglichkeiten.
Schon "Crusher" bietet dahingehend einige Schmankerl. Deutlich weiter treibt es McGinley in "Inward Debate". Hier weiß man gar nicht, wo man am besten hinhören soll, um ja nichts zu verpassen. "Falling" veranschaulicht ebenso gut das Ineinandergreifen der unterschiedlichen Bestandteile Kylesas: herrliche Rhythmik, Bassline of Doom und on top liebliche Gitarrenmelodien. Um diese Vielschichtigkeit zu genießen, bedarf es allerdings einer guten Anlage oder ordentlicher Kopfhörer, sonst beginnt das Potpourri schnell zu matschen.
Simpleres haben Kylesa aber auch zu bieten. "Moving Day" fließt sehr geradlinig und eher ruhig vor sich hin. In "Blood Moon" trifft nach kurzem, bläserverstärktem Intro Punk-Schlagzeug auf typische Stonerriffs. Immer wieder flicht die Band Tempowechsel in ihre Kompositionen ein, mal abrupt, mal kontinuierlich steigernd, was die Tracks in ständiger Bewegung hält.
Das einzige Problem ist, dass außerhalb der eigenen Konventionen wenig passiert. So stellt sich nach ein paar Songs eine gewisse "Kenn' ich schon"-Haltung ein. Überraschungen bleiben weitestgehend aus, die besten Tracks verbrät "Exhausting Fire" ganz zu Beginn. Zwischendurch aufhorchen lässt noch ein Psychedelic-Part in "Shaping The Southern Sky". Dazu sorgt der Delay-Reverb-Schädelbohrer "Night Drive" für hübsche Rödler.
In "Night Drive" übernimmt Philip Cope das Kommando am Mikro. Funktioniert hier im speziellen Fall, jedoch leider bei Weitem nicht immer. Laura Pleasants macht stimmlich einfach die bessere Figur. Vor allem verleiht sie Kylesa wesentlich mehr Eigenständigkeit als ihr männlicher Kollege. So versackt zum Beispiel "Moving Day" etwas in der Belanglosigkeit.
Bei "Exhausting Fire" wäre sicher noch Luft nach oben gewesen. Neben den angesprochenen Mankos hätte auch die ein oder andere Hook nicht geschadet. Trotzdem: In ihrem Kosmos bleiben Kylesa eine Macht. "Exhausting Fire" besitzt den Charakter eines Vorschlaghammers. Wie sein Opener wird das Album seinem Namen gerecht: Erschöpft fühlt man sich nach dem Hören allemal.
3 Kommentare mit 3 Antworten
Trivium 5, Kylesa 3... Mensch Berger, Du bist ja an einem Entwicklungsstand in deiner Metal-Evolution, an dem andere sonst in ihren Teenie-Jahren ankamen, Linkin Park und Korn gehört haben. Greif doch mal zum Q-Tip und drill die zwei Löcher links und rechts am Kopfe frei! Die sind nicht nur dazu da, aerodynamisch Luft weiterzuleiten.
ab nem gewissen alter soll man ja durchaus wieder nen hang zum infantilem haben ...
Der Berger ist ja auch noch ein Jungspund. Hat aber ne wunderschöne Telecaster...
Ach, hab ich fast vergessen: Album so weit kriegt eine objektiv gemessene 4 / 5. Klingt wie eine recht organische Weiterentwicklung vom Vorgänger, was ich sehr begrüße, da die erweiterten Psychedelic-Parts damals schon frischen Wind in Kylesas Sound gebracht haben.
vermisse die ungezügelte energie von "time will fuse its worth" und "static tensions" auch hier (wie immer seither), die auf den vorgängern dieses albums seitdem immer mal wieder kurz aufblitzte, aber nie konsequent ausgeführt wurde, sondern eines von vielen puzzlestücken bildete, die nie so recht zusammenpassten. finde generell, dass alles seit "static tension" zu unentschlossen und "verpuzzelt" war - nichts gegen heterogenität, aber wenn man zuviel will und das auch noch komprimiert auf albumlänge, fehlt die harmonie bzw. das flüssige hörerlebnis. "exhausting fire" hingegen wirkt natürlich, nicht konstruiert, weil sich kylesa endlich für einen stil entschieden zu haben scheinen und nicht mehr zwischen den stühlen sitzen. keine singletauglichkeit mehr, keine fast-food-aggressivität und auch kein stilistisches experimentieren mehr, keine zerrissenheit mehr wegen des spagats zwischen den erwartungshaltungen. allerdings auch keinerlei shouting mehr, nur noch gesang. stattdessen ist "exhausting fire" für mich seit "static tensions" das bisher homogenenste album von kylesa voll atmosphärisch einnehmender, spannungsreicher, dynamischer musik, dabei eingängig und getragen von urgewaltigen riffs und den sowieso über jeden zweifel erhabenen drums (x2).
korrekt, kollege! hervorragend auf'n Punkt gebracht. Das einzige, was mich persönlich auf den Sachen nach Static Tensions noch richtig begeistern konnte, war der Basssound bei Cheating Synergy