laut.de-Kritik
Das Rap-Äquivalent einer Filler-Episode.
Review von Yannik GölzEine Sache, die ich an 187 oft mehr als an anderen Straßenrap-Kollektiven wertschätzte, war, dass die immerhin selbst klingen, als hätten sie Spaß an ihrem Zeug. Die 18 Karats oder AK Außerkontrolles rappen auch vorhersehbaren Blödsinn über schwere Jungs und Drogen, rappen darüber aber, als wäre das ihr Burn-out-verursachender Arbeitsalltag und es klingt immer wie nach sieben Tage Regen. Da find ich einen Track wie "187 Party" eigentlich ganz erfrischend: Dummer Miami Bass-Beat und "es gibt keine Party wie die 187 Party weil die 187 Party macht Spaß", rappt LX und zeigt, dass zumindest er Freude an seinem Outlaw-Leben hat. Leider geht die Hook dann weiter: "Ich nehm dein Shawdy und ich fass sie unten an, sie ist nass". Und plötzlich erinnere ich mich, warum dieser Spaß oft nicht überspringt.
Rudern wir einmal kurz zurück: Wer ist überhaupt LX, was ist seine Rolle in der Straßenbande? Kollege Frieder hat das schon in seiner Review zu "Inhale / Exhale" zusammengefasst. Er ist der mit der tiefen Stimme und den dicken Batzen. Aber im Vergleich zum Vorgänger fühlt sich "Wazabi" wie ein noch mal reduzierter Anspruch an. "LX / Mich interessiert außer Geld nix" heißt es auf "Wazabi Gang" und fasst damit treffend die künstlerische Ambition dieses Tapes ein. Eine halbe Stunde lang nimmt er die Beats, die eben gerade rumliegen, um seine wage Erinnerung der Attitüde von Bad Boy-Records auf moderne Sounds zu bringen.
Wir bekommen also manchmal deplatzierte Tupac-Adlibs, wahllose Features und solide Beats von DJ DeeVoe und The Cratez. Die Songs bleiben solide Abhandlungen über zerstörerischen Hedonismus, Weed und dicke Autos und den Dicken-Status. Und ganz ehrlich - meistens klingt das solide genug: Der Flow auf dem Drill-Beat von "Guck Mir Zu" macht für eine solide Hook, in dem er die eigenen Tanz-Moves anpreist, "In Meinem Jeep" holt Gzuz für einen starken Part auf einen temporeichen Trap-Groove und "Hunnid Brixxx" macht ebenfalls einen soliden Kopfnicker.
Gekoppelt an die halbe Stunde Spielzeit kann man "Wazabi" also eigentlich nicht mal so recht hassen. Es vermeidet die klassischen Fehler, die solche Platten normalerweise machen, zum Beispiel, die überlange Spielzeit, in der es dem Hörer wirklich zum Hals raushängen könnte oder auch die unnötigen deepen Songs darüber, wie schwer die Protagonisten es eigentlich haben. LX zieht einfach kurz durch, dass er ein Kiffer mit dicken Autos und geilen Beats und einer ziemlich soliden Rapstimme ist. Auch im Vergleich zu "Inhale / Exhale" ist das eindeutig ein Fortschritt.
Nur eine Frage bleibt trotzdem offen: Wer ist der Kerl denn nun eigentlich? Und warum sollten wir gerade seine Musik hören? Dieses ganze Tape hat kaum Wiedererkennungswert, meistens klingt er einfach nur, als hätte man von einem 187-Sampler graduell alle interessanten Rapper abgezogen. Was übrig bleibt, ist der kleinste gemeinsame Nenner ihres Sounds, gekoppelt mit ein bisschen nostalgischer Attitüde und ganz soliden Vocals. Er vermeidet durch die kurze Spielzeit zwar Fehler, vergeudet aber auch die Chance, einen echten Eindruck zu hinterlassen. Für ein Solo-Album ist das schon irgendwie bitter, dass man nichts Besseres darüber sagen kann, als dass er sich selbst nicht im Weg gestanden sei.
Deswegen auch all die Features, die mal mehr mal weniger sinnvoll reinkommen. Zwei mal Bonez MC, zwei mal Gzuz, die jedes Mal LX die Show stehlen. Jalil macht einen Part, der nicht besonders hängenbleibt, irgendwann zwischendurch taucht Olexesh auf und rappt über Aliens. Sogar Sa4 und Maxwell schaffen es nicht, durch ihr eigenes Charisma-Vakuum LX vom immerwährenden Nebencharakter-Symptom zu erlösen. Es hat rückblickend wohl doch einen Grund, dass LX' größter Impact auf die Szene in Tandem mit Maxwell auf "Obststand" gekommen ist. Der Junge kann schon rappen und dieses Album klingt definitiv okay, vielleicht kommt da auch solides Playlist-Futter für 187-Hardliner bei herum. Aber am Ende kann dieses erz-billige Cover nicht lügen: "Wazabi" klingt so unwesentlich, wie ein Straßenrap-Tape klingen kann. Es ist das Rap-Äquivalent von einer Filler-Episode.
3 Kommentare mit einer Antwort
Hab "187 Party" jetzt nicht gehört aber die Textzeile ist sicher ne Anspielung auf "No Limit Party" von Soulja Slim. Geiler Posse Track. Und "Give it to em raw" ist mMn das beste No Limit Album.
Vielleicht ist LX auch Fan von MC Rene
https://youtu.be/nlKJ-plYkVI
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.
Schund.