laut.de-Kritik
Hinken mit technoiden Sounds der Zeit hinterher.
Review von Daniel StraubIn den letzten Jahren ist es erstaunlich ruhig geworden um die in früheren Tagen häufig kontroverse slowenische Popgruppe Laibach. Seit ihrem 96er Album "Jesus Christ Superstars" hielt sich das Künstlerkollektiv mit der Wiederveröffentlichung ihres umfangreichen Back-Kataloges über Wasser, tourte rund um den Globus und erhielt zum 20-jährigen Bandjubiläum am 1. Juni 2000 die höchste Auszeichnung ihrer Heimatstadt Trbovlje. Auf neue Songs des Quartetts warteten die Fans vergebens. 2003 nun melden sich Laibach mit dem technoiden Album "WAT" zurück, das sich in punkto Ästhetik jedoch deutlich weniger provokativ zeigt als ihre Releases in der Vergangenheit.
Das Künstlerkollektiv Neue Slowenische Kunst, dessen integraler Bestandteil die Mitglieder von Laibach sind, positionierten ihre Werke stets in einem politisch aufgeladenen Kontext. Anfangs unter der kommunistischen Diktatur ergab sich das ganz zwangsläufig. Später, als die neuen Vorzeichen Demokratie verhießen, behielten Laibach ihren provokativen Gestus in abgemilderter Form bei. Heute scheinen sie beinahe jeden Biss verloren zu haben. Die Auflösung der großen Ideologien macht Laibach mehr zu schaffen, als sich die Slowenen selbst eingestehen wollen. Über weite Strecken wirkt "WAT" zu glatt und langweilig, weil ihnen die intellektuelle Reibungsfläche abhanden gekommen ist.
"Wir alle sind gekreuzigt, und alle sind kaputt, von Reiztechnologie, von Zeitökonomie, von Qualität des Lebens und Kriegsphilosophie", singen Laibach auf der Single-Auskopplung "Tanz mit Laibach" und deuten damit an, wo Ideologiekritik heute ansetzen kann. Die zwingende Logik früherer Tage entfalten sich damit jedoch nicht mehr. Vielmehr wirken sie seltsam anachronistisch. Laibach schaffen es nicht, Kapitalismus, Fundamentalismus und Globalisierung so bissig zu dekonstruieren wie einstmals die bipolare Welt des Kalten Krieges. Dessen intellektuellem Überbau haben sie regelmäßig auf ironisch entlarvende Weise den Zahn gezogen.
Zur Orientierungslosigkeit auf gedanklicher Ebene kommt die musikalische Ideenlosigkeit hinzu. Chorale Arrangements gibt es nach wie vor, genauso wie die unverwechselbare Stimme von Milan Fras. Davon lebt die Band schließlich zu einem nicht geringen Teil, und keiner erwartet, dass sie ihre Identität über Bord werfen. Warum sie aber anno 2003 unter Mithilfe des slowenischen Techno-Produzenten Umek ein flaches Dance-Album produzieren, bleibt wohl ihr Geheimnis. Nicht, dass die Sounds schlecht wären, sie sind nur wenig originell. Warum eine Laibach-Platte kaufen, wenn ich mir auch gleich das neueste Umek-Release auf die Plattenspieler werfen kann?
Früher inspirierten Laibach andere Künstler, waren ihrer Zeit voraus. Heute lassen sie sich von der Tanzkultur der 90er Jahre leiten und hinken der Mode hinterher. Das ist Schade, denn eine Band wie Laibach, die das Politische in die Kunst holt, tut unserer recht inhaltslosen Popkultur gut.
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