laut.de-Kritik

Kurt Wagner hat seine "First Lady Of The United States".

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Liebe. Nachdem Kurt Wagner das Wort auf "Mr. M" (2012) zum ersten Mal in einem seiner Stücke in den Mund genommen hat, spielt es beim Nachfolgealbum eine noch größere Rolle. Diesmal versucht er nämlich, für seine bessere Hälfte die Musikrichtung einzuschlagen, die sie wirklich mag.

Frau Wagner steht auf R'n'B und Hip Hop der seichteren Sorte. Davon ist im Opener "In Care Of 8675309" noch nicht allzu viel zu hören. Knappe 12 Minuten lang reiht Wagner mit seiner tiefen, melancholisch angehauchten Stimme Eindrücke aneinander, die "next to the house of Cancer" entstanden sind. Was er damit meint? "A question can be the answer", meint er dazu passend.

Die Band spielt im Hintergrund wie gewohnt beseelt melancholisch. Dass sich Wagner für dieses Werk an Kendrick Lamar, Kanye West, Frank Ocean und Shabazz Palaces orientiert, wie er selbst erklärt, zeigt sich höchstens am zaghaften Einsatz von Autotune, jener unnötigsten Erfindung der Popgeschichte nach dem Synthie, oder zumindest 90% der damit erzeugten Klänge.

Das ändert sich im weiteren Verlauf. Leider. Denn Wagner hat es einfach nicht nötig, sein Organ zu verfremden. Alles andere kann man ihm durchgehen lassen, Beats, wabernde wie undefinierte Songstrukturen, Collagen statt Lieder im eigentlichen Sinne. Schließlich haben sich Lambchop schon immer dadurch ausgezeichnet, dass sie sich mit jeder neuen Platte einer neuen Ausrichtung verschrieben haben, ohne ihre Seele zu verkaufen.

Auch erstaunlich: Die Stücke 2 bis 10 scheinen eher Füllmaterial zwischen dem langen ersten Track und dem noch längeren Abschluss zu sein, der es gar auf 18 Minuten bringt. Der "Hustle" ist ein Tanz, den Wagner bei einer Quaker-Hochzeit fasziniert beobachtete. "Alle Anwesenden tanzten einen synchronisierten Schritt wie ich ihn noch nie gesehen hatte", erklärt er.

"I don't want to leave you ever / And that's a long long time" erklärt er gleich zu Beginn. "Do the hustle, do the hustle, do the hustle zum Schluss. Eine Liebeserklärung an seine Frau, die ihn nicht nur zum Album inspiriert hat, sondern auch auf dem Cover zu sehen ist. Es handelt sich dabei um einen Ausschnitt eines Fotos, in dem sie neben Barack Obama posiert.

Mary Mancini ist nämlich die Vorsitzende der demokratischen Partei in Tennessee, dem Bundesstaat, in dem die Familie seit jeher lebt, im südlichen Teil von Nashville. Der Titel des Albums ist ein Akronym, der für "First Lady Of The United States" steht. Damit dürften keine politischen Ambitionen gemeint sein, sondern die Gefühle Wagners für seine Frau.

Seit jenem Freitag vor den US-Präsidentschaftswahlen, an dem das Album erschienen ist, hat sich bekanntlich einiges getan. Mary Mancini als Präsidentin nach Trump und Kurt Wagner als präsidialer Gatte, warum nicht? Mit Lambchop in diplomatischer Mission bei den Bösewichten dieser Welt würde sich der eine oder andere Konflikt im Backstage-Bereich vermutlich ganz einfach lösen lassen.

Trackliste

  1. 1. In Care Of 8675309
  2. 2. Directions To The Can
  3. 3. Flotus
  4. 4. JFK
  5. 5. Howe
  6. 6. Old Masters
  7. 7. Relatives #2
  8. 8. Harbor Countr
  9. 9. Writer
  10. 10. NIV
  11. 11. The Hustle

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