laut.de-Kritik
Der Pianist mit der Stiermaske holt zum großen Wurf aus.
Review von Kai ButterweckNatürlich hängen sich die Leute erst einmal an der Maske auf. Die ist ganz aus Leder, schön verziert und mit zwei langen Hörnern bestückt. Viele denken dabei an den Kopf einer Antilope. Doch Lambert weiß es natürlich besser. Die Maske, die der Pianist aus Berlin während seiner Konzerte trägt, stammt aus Sardinien, und orientiert sich eher an den Konturen eines Stierkopfes.
Die Musik dahinter ist mindestens genauso geheimnisvoll. Auch hier tappt die Öffentlichkeit schon seit geraumer Zeit im Dunkeln. Neo-Klassik? Quatsch mit Soße! Mit gängigen Klassik-Strukturen habe seine Musik nur wenig am Hut, so der Mann mit den norddeutschen Wurzeln. Klaviermusik treffe es da schon eher. Wie recht er hat.
Schon auf seinem selbstbetitelten Debütalbum präsentierten sich Lamberts filigrane Instrumentalfertigkeiten im Grenzbereich zwischen Pop, Jazz und Filmmusik. "Stay In The Dark" schließt da nahtlos an.
Vielleicht klingt das aktuelle Album etwas düsterer. Nur selten können sich vereinzelte Dur-Kämpfer gegen zahlenmäßig überlegene Moll-Armeen zur Wehr setzen. Die Basis hat sich aber nicht verändert.
Immer noch stehen verspielte, bisweilen mit Rückspuhleffekten und verschrobenen Zusätzen aufgepeppte Piano-Themen im Vordergrund, die sich wie kleine zart gesponnene Netze um große Melodien legen. Diese brauchen zwar etwas Zeit um sich komplett zu entfalten. Wenn sie dann aber wie im Titeltrack oder während des süchtig machenden "Birds" durch die Hintertür ins Geschehen platzen und alles andere mühelos beiseite schieben, will man nicht mehr aufhören zu lauschen.
Lambert weiß, wie man das, was heutzutage eher als Beiwerk serviert wird, ins Rampenlicht stellt. Mit technischer Brillanz und dem Gespür für nachhaltige Tonkunst gesegnet baut der Pianist eine Brücke für all jene Sounds, die sich gemeinhin hinten anstellen müssen. So treten Klanglandschaften aus dem Schatten und genießen zumindest für die Dauer einer Albumlänge den wohligen Gang auf roten Teppichen.
1 Kommentar
Das erste Album war toll, habe ihn zufällig als Arnalds Support entdeckt. Erinnert am ehesten noch an Chilly Gonzalez solo piano Alben.
Album 2 ist für mich ein Pflichtkauf