laut.de-Kritik
Eine Bremerin auf den Spuren von Bryan Adams.
Review von Giuliano BenassiLea Finn - die neue große Hoffnung am deutschen Musikhimmel? Eine, die es ganz nach oben schafft, auch ohne Casting, Millionen von Zuschauern, aus England importierten Programmformaten? Auf ihrer Homepage gibt sich die Bremerin nett, selbstbewusst und zuversichtlich. Als Opener für Bryan Adams ist sie aufgetreten, mit dem alternden Rocker durfte sie sogar im Duett singen - und das noch vor der Veröffentlichung ihres Debütalbums.
Das nun mit "One Million Songs" vorliegt und genau 50 Minuten lang ist. Beherzt geht es mit "Lying" los: "Why are you lying still in my bed" trägt Finn in akzentlosem Englisch vor, unterstützt von einer rockigen E-Gitarre und pumpendem Bass. Die Stimme erinnert an Jewel, die Produktion ist kraftvoll und sauber, Eigenschaften, die sich durch die gesamte CD ziehen. "De de de de de de de" heißt es mit elektronischer Stimme im Titeltrack, "I'm a slut and I'm a lady, I'm a modern girl" ein Stück später.
Aber Moment, gab's das nicht schon mal in ähnlicher Form? Schon beim dritten Stück festigt sich der Verdacht, dass dieser fließende Poprock eine Wiederholung von x Mal Gehörtem ist. Was auch daran liegen mag, dass gerade ein Drittel der Texte und Melodien aus Finns Feder stammen. Band und Produzent habe sie sich selber zusammen gesucht, heißt es zwar auf der Homepage. Angesichts einer solchen Rollenverteilung scheint es aber eher umgekehrt.
Alles ist darauf ausgerichtet, den Zuhörer gemütlich einzulullen. Schmalzig süß tröpfelt "Everything" aus den Lautsprechern. "Anytime Again" richtet wieder den Blick aufs regnerische Draußen, orientalisch klingt der Anfang von "Find You". Nachdenklich stimmen dagegen "Change" und das abschließende "The Day You Went Away". "I Say Goodbye", verabschiedet sich Finn ganz höflich im versteckten Bonus Track.
Letztendlich bleibt der schale Eindruck, dass die gewiss vorhandene Potenz nicht voll ausgeschöpft ist. Etwas mehr Kanten, ein bisschen mehr Mut in den Arrangements und beim Songschreiben - selbst bei mittelmäßigen Vorlagen wie Madonna sie bei "American Life" hatte, können Produkte entstehen, die Zeichen setzen. Dafür bleibt aber noch Zeit: Frau Ciccone hat doppelt so viele Jahre auf dem Buckel wie Lea Finn, dazu heißt ihr Produzent Mirvais und nicht Stephan Gade. Die Tatsache, dass sein Name nicht mit Bohlen endet, ergibt aber schon mal einen Pluspunkt.
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