laut.de-Kritik

Sein erstes Album nach "These Boots Are Made For Walkin'".

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Es tut immer ein bisschen weh, das Genie dieses Mannes auf den einen Satz reduzieren zu müssen, aber es vereinfacht nun mal vieles: Lee Hazlewood hat für Nancy Sinatra den Welthit "These Boots Are Made For Walkin'" geschrieben. Das ist selbstverständlich keine Neuigkeit für Anhänger melancholischer, bisweilen verschrobener Singer-/Songwriterkunst aus dem letzten Jahrhundert. Und vor allem: Es ist wirklich nur eine Randnotiz. Und ja: Wir reden von dem Lee Hazlewood, auch wenn er 1966 noch keinen Schnauzer trug.

Wenn auch nicht in Johnny Cash-Ausmaßen, so durfte der 2007 gestorbene Amerikaner die Zuneigung einer neuen Generation noch erleben. Sonic Youth-Drummer Steve Shelley legte Ende der 90er Jahre einige seiner alten Soloplatten via Smells Like Records neu auf. 1999 absolvierte Hazlewood sein erstes Solokonzert überhaupt auf dem von Nick Cave kuratierten Meltdown Festival in London und veröffentlichte 2006 mit "Cake Or Death", schon schwer vom Krebs gezeichnet, sein letztes Album.

Seitdem hat Light In The Attic aus Seattle den Tresor der Solo-Schätze gehoben, die Hazlewood bis Ende der 70er Jahre für eine eher auserlesene (ergo überschaubare) Klientel einspielte. Dass Hazlewood mehr war als nur ein talentiertes One-Hit-Wonder mit Rassel-Bariton und Schnauzbart belegte 2013 die 4-CD/DVD-Box "There's A Dream I've Been Saving" mit einem ausufernden Querschnitt seines Schaffens samt 172 Seiten starkem Buch im LP-Format. Hier kamen vor allem Die-Hard-Fans und Komplettsammler auf ihre Kosten.

"The Very Special World Of Lee Hazlewood" dagegen ist eines von aktuell drei wiederveröffentlichten Originalalben aus den 60er Jahren, die auch für Menschen interessant sein könnten, die mehr erfahren wollen über den Schöpfer von "Boots" oder den nicht minder großen Hits "Summer Wine" und "Some Velvet Morning". Es handelt sich trotz des Titels nicht um ein Best Of-Album. Nach Hazlewoods "Boots"-Coup 1966 sah das Majorlabel MGM Dollars am Horizont und verpflichtete den ehemaligen Radio-DJ, Produzent und Arrangeur für drei Alben, in der Hoffnung, er mausere sich auch als Solosänger zum Kassenmagneten. Epic Fail, wie man heute sagen würde.

Obwohl Nancy Sinatra mit seinen Songs "How Does That Grab You, Darlin'?", "Friday's Child", "In Our Time" und "Sugar Town" im selben Jahr zum Superstar aufstieg, schien "The Very Special World Of Lee Hazlewood" doch eine Spur zu 'special' für die Öffentlichkeit zu sein (auch die nun wiederveröffentlichten Soloalben "Lee Hazlewoodism: Its Cause And Cure", 1967 und "Something Special", 1968, teilten dieses Schicksal).

Dabei war diese erste Soloplatte nach dem "Boots"-Song mit immensem finanziellen Zuschuss seitens MGM entstanden. Hazlewood und Produzent Billy Strange konnten tun und lassen, was sie wollten und leisteten sich genüsslich den Luxus eines Orchesters. Das hört man schon dem Opener "For One Moment" an, einem typischen Hazlewood-Croonerstück. "When A Fool Loves A Fool" galoppiert im soften Country-Pop-Format eigentlich direkt auf die Charts zu, doch MGM wählte stattdessen das vergleichsweise düstere, mit Mariachi-Bläsern ausgestattete "I Move Around".

Interessant an diesem ersten Album sind besonders die Versionen, die im Duett mit Nancy Sinatra zu Welthits wurden und hier von Hazlewood (teilweise) allein interpretiert werden. Als Bonus Track ist eine Version von "Summer Wine" dabei, bei der Hazlewoods Muse der damaligen Zeit, Susi Jane Hokom, den weiblichen Part übernimmt (wie auch in "Sand").

Im schön aufgemachten Booklet erinnert sich Hokom an die damaligen Aufnahmen: "Wenn Billy Strange sagte, wir brauchen 20 Geigen, dann war das ausgemachte Sache. Lasst uns 20 Geigen herschaffen. Lasst uns Sessions spielen, die ewig dauern. Mein Gott, wir haben hier diesen Haufen Geld, dann lasst es uns ausgeben."

Doch auch die unbekannteren Tracks verraten schon Hazlewoods Storyteller-Talent. So etwa das akustische Lounge-Juwel "Not The Lovin' Kind", das auch auf einem damaligen James Bond-Soundtrack hätte vertreten sein können, oder "My Autumn's Done Come", eine schwermütige Ballade mit altersweisem Text. Ende der Nullerjahre unterlegte man Szenen aus dem nie vollendeten Henri-Georges Clouzot-Film "L'enfer" mit Romy Schneider mit diesem Song. Es gibt also nach wie vor viel zu entdecken abseits von Hazlewoods kommerziellem Höhepunkt, dem Kollabo-Album "Nancy & Lee" aus dem Jahr 1968.

Trackliste

  1. 1. For One Moment
  2. 2. When A Fool Loves A Fool
  3. 3. Not The Lovin' Kind
  4. 4. Your Sweet Love
  5. 5. Sand
  6. 6. My Autumn's Done Come
  7. 7. These Boots Are Made For Walkin'
  8. 8. I Move Around
  9. 9. So Long, Babe
  10. 10. Bugles In The Afternoon
  11. 11. My Baby Cried All Night Long
  12. 12. Summer Wine

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