laut.de-Kritik
Prinzessin Valium macht schwere Augenlider.
Review von Kai ButterweckSeit ihrem selbstbetitelten Debüt kämpft die zarte Lenka gegen das Fahrstuhl-Pop-Image an. Anno 2013 soll alles anders werden. Die Zeit ist reif für eine seriös wirkende Hochsteckfrisur, und auf dem Cover ihres neuen Albums "Shadows" prangt der Name der Verantwortlichen im kantigen Schwarzweiss-Jazz-Look. Oha! Werden nach vierjährigem Bubble-Spaziergang endlich die Krallen ausgefahren? Nach zwei Minuten des Openers "Nothing Here But Love" macht sich bereits Ernüchterung breit. Denn mit säuselndem Auf- und Abgeschnurre erinnert Lenka eher an eine trächtige Schmusemieze, als an eine fauchende Großkatze mit Langzeit-Charisma.
Schnuckelig und kalkuliert haucht die Australierin ihre Lovestorys ins Mikrofon, während im Hintergrund Glockenspiele, Streicher und Drum-Besen verzweifelt nach der richtigen Jazz-Pop-Mische suchen ("Faster With You", "Heart To The Party"). Lenkas Stimme verfügt über diesen typisch unschuldigen Flair, der eine durchaus bezirzende Wirkung entfalten kann. Barbie-Hooklines und Tiefschlaf-Soundgewänder sorgen allerdings dafür, dass die an vorderster Front entfachte Stimmung nur selten die Pausenhöfe gängiger Mädchenschulen verlässt.
"After The Winter" bringt ein bisschen Schwung rein. Plötzlich kommt Leben in die KiKa-Bude. Nach vierzig Sekunden verschränken die Einlasser vor den Gehörgängen allerdings wieder die Arme – ein kindlicher Lillifee-Refrain steht nicht auf der Gästeliste. Das Leben einer süßen Honigbiene auch nicht ("Honeybee"), ebenso wenig wie pubertäre Herzrhythmusstörungen ("Two Heartbeats") oder rosarote Plüschkreaturen ("Monsters"), die unterm Bett in etwa so viel Schrecken verbreiten wie der x-te Neuzeit-Untoten-Aufguss bei eingefleischten Romero-Anhängern.
Die ehemals quirlige Microsoft-Pop-Queen ("Everything At Once") schlafwandelt dieser Tage unter dem Prinzessin Valium-Banner. Ist überhaupt noch jemand wach? Wohl kaum. Selbst die, die unter Schlafstörungen leiden, entschwinden bald ins Reich der Träume – endlose Piano-Landschaften in Moll und Baby-Mobile-Melodien machen's möglich ("Nothing", "The Top Of Memory Lane"). Na dann, gute Nacht!
2 Kommentare
kennst du dich gut auf den "pausenhöfen gängiger mädchenschulen" aus, kai?
Kein Zaun war zu hoch