laut.de-Kritik
Schrei doch nicht so, Lewis!
Review von Josephine Maria BayerVier Jahre nach seinem Erfolgs-Debut "Divinely Uninspired To A Hellish Extent" meldet sich Lewis Capaldi mit einem sehr ähnlichen Albumtitel zurück. Hin- und hergerissen zwischen Himmel ("Heavenly Kind Of State Of Mind") und Hölle ("Love The Hell Out Of You") philosophiert der Schotte über Herzschmerz, Verlust und Mental Health ("How I'm Feeling Now"). Er macht kein Geheimnis aus der Tatsache, dass Ruhm und Erfolg nicht unbedingt glücklich machen: "So here's to my beautiful life that seems to leave me so unsatisfied / No sense of self, but self-obsessed, I'm always trapped inside my fucking head."
Im Gegensatz zu den flachen Arrangements, weisen Capaldis Songtexte durchaus Feinsinn und Originalität auf. Lewis' Stärke liegt in seiner Verletzlichkeit und Selbstironie, die er vor allem auf TikTok immer wieder demonstriert. Der lockere Umgang mit seinem Promi-Dasein ist dabei erfrischend anders. Leider findet diese Einzigartigkeit keinen musikalischen Ausdruck. Die zwölf Songs auf "Broken By Desire To Be Heavenly Sent" klingen alle irgendwie gleich. Dem Opener "Forget Me" fehlt das Intro; Capaldi wirft uns ohne Vorwarnung ins seichte Gewässer seiner Pop-Balladen. Der Aufprall ist hart. "I bring her coffee in the morning / she brings me inner peace / I take her out to fancy restaurants, she takes the sadness out of me."
Die rührseligen Verse der Singleauskopplung "Pointless" unterbricht er mit erzwungenem Schreien im Refrain: "Everything is pointless without you", kräht Capaldi. Auf diese unschöne Art jäh aus allen Tagträumen gerissen, lässt sich der Track nicht mehr genießen. Warum macht Lewis seinen eigenen Song kaputt? Eigentlich kann der Junge doch singen, doch immer wieder setzt er auf die Schrei-Variante. Daneben weist die Platte vorwiegend softe Beats, andächtige Klavierbegleitung und gelegentliche Streicher auf. Die abschließenden Tracks "How This Ends" und "How I'm Feeling Now" setzten anfangs auf eine softe Gitarrenbegleitung, bevor dramatische Violinen im überladenen Refrain die Führung übernehmen.
"Broken By Desire To Be Heavenly Sent" fehlt jeder Ansatz von Risikobereitschaft: Kennt man einen Song, kennt man sie alle. Nach Capaldis Debüt und der Netflix-Doku "How I'm Feeling Now" soll es ebenso kommerziell erfolgreich weitergehen. Lewis wirkt eher wie eine Gelddruckmaschine als ein Künstler. In der britischen TV-Show "This Morning" antwortete er auf die Frage, warum man sein Album kaufen sollte, in gewohnt selbstironischer Weise: "Das Album ist eine Zeitverschwendung. Es ist ein kompletter und totaler Witz. (...) Kauft euch lieber das neueste Album von Ed Sheeran." Dieser Selbsteinschätzung lässt sich nichts hinzufügen.
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