laut.de-Kritik

Rock als Basis, kleine Experimente als Würze und eine sexy Stimme.

Review von

"V" ist die römische Zahl für 5. "V" heißt das fünfte Album der Rock-Band Live: Kurzer Titel für kurzen Bandnamen. Auch das fünfte Album kann den unverwechselbaren Sound von Rockmusik und der charakteristischen Stimme des Sängers mit vorsichtigem Experimentieren verbinden, das Ergebnis ist eine gelungene und farbenfrohe Platte.

Nachdem die Band 14 Monate auf Dauertour war um ihr Vorgängeralbum "The Distance To Here" zu promoten, hätte man eigentlich eine kleine Pause erwartet. Aber von wegen: Erstens hatte Ed schon mindestens 20 neue Songs im Kasten und zweitens war besonders er so angetan von der Energie der Fans, dass er beschloss, gleich weiter zu schreiben. Und das an Orten wie Balkonen, Badezimmern und High-School-Abstellkammern. Das bezaubernde "Call Me A Fool" ist das Werk eines einzigen Tages - morgens geschrieben und abends um acht im Kasten.

Die Musik ist wieder ein wenig anders als jedes Album zuvor. Natürlich hört man den Live-Sound heraus, Edwards multiple Oktaven umfassende Stimme ist wieder mal unverkennbar sexy. Gewisse Klangelemente erinnern an "Secret Samadhi", wie beispielsweise die Schlussakkorde von "Transmit Your Love": Dieser Track ist zudem generell eine erstaunliche Zusammenstellung sehr unterschiedlicher Musikfarben. Dazu kommt ein wenig synthetischer Rhythmus und ein bisschen Funk -alles zu seiner Zeit und in verschiedenen Songs.

Glücklicherweise haben sich die Jungs entschlossen, vom für meinen Geschmack etwas zu schnulzigen Sound von "The Distance To Here" abzuweichen. Und so kracht es auf der ersten Hälfte der Platte gewaltig rockig, orientalische Klänge untermalen nicht nur "Forever May Not Be Long Enough" (passend eben zum Soundtrack-Thema des Abspanns von "Die Mumie kehrt zurück"). Und wenn es ruhiger wird wie bei "Call Me A Fool", "Overcome" und "Hero Of Love", dann aber gekonnt und ohne übermäßigen Trief.

Auch ein Gast ist auf dem neuen Album zu hören: Tricky. Ed hat für Tricky "Evolution, Revolution, Love" gesungen, dafür hat Tricky seine rauchig-hauchige Stimme bei "Simple Creed" verewigt. Die Zusammenarbeit, so Edward, war ein Zeichen dafür, wie sehr sie ihre Musik gegenseitig achten. Trickys Worte klingen da ganz anders: Nachdem sein Webforum mit Anti-Kowalczyk Sprüchen zugekleistert wurde, meinte er, er habe keine Ahnung von Lives Musik und wüsste auch nicht, ob die Band glaubhaft wäre. Trickys Wort in Gottes Ohr...

Apropos: Viel Halleluhjah, Heiligkeit und Hosianna ist natürlich trotzdem selbstverständlich ("I am overcome, holy water in my lungs"), denn so ganz kann Kowalczyk seine Religiösität nicht hinterm Berg lassen, was man zuweilen einfach bewusst ignorieren sollte.

Aber: Rock als Basis, kleine Experimente als Würze und eine Stimme von Gottes Gnaden sind ein delikates Rezept für ein gelungenes fünftes Album!

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Simple Creed
  3. 3. Deep Enough
  4. 4. Like a Soldier
  5. 5. People Like You
  6. 6. Transmit Your Love
  7. 7. Forever May not Be Long Enough
  8. 8. Call Me a Fool
  9. 9. Flow
  10. 10. The Ride
  11. 11. Nobody Knows
  12. 12. Ok
  13. 13. Overcome
  14. 14. Hero of Love

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