laut.de-Kritik
Eindrucksvolles Doppel an den Plattenspielern.
Review von Daniel StraubSeit seinem Album "Alcachofa" ist Ricardo Villalobos Deutschlands unbestrittener Techno-Star. Ob in seinem Studio, aus dem er regelmäßig bis ins feinste Detail ausgetüftelte Miniaturwelten aus Klängen entlässt, oder an den Plattenspielern, wo er mit so viel Fingerspitzengefühl wie nur wenige DJs weltweit zu Werke geht - der Mann ist ein Hauptgewinn. Das weiß keiner besser, als Sven Väth, der Villalobos seit geraumer Zeit mit seiner Booking-Agentur betreut und ihn bei seinen Parties gerne für die Afterhour verpflichtet.
So geschehen auch bei "Green & Blue", dem seit drei Jahren in der Nähe von Frankfurt stattfindenden Sommer-Open Air-Kehraus. In einem Freibad kommen beim "Green & Blue" im besten Fall Sonne, Sommer, Wasser und Musik zusammen. Der 30. September war so ein Tag, an dem alles gepasst hat. Vor einige tausend Fans haben hier Sven Väth, Steve Bug, James Holden, Der Dritte Raum, Chris Tietjen, Loco Dice und Ricardo Villalobos gespielt. Die Sets dieser beiden haben es nun auf die Doppel-CD "Green & Blue" geschafft.
Den Anfang macht der Düsseldorfer Produzent und DJ Loco Dice mit einem Set, das auf minimalistischen Füßen leicht und völlig ungezwungen dahin tänzelt. Pier Bucci und Pink Elln geben mit "Listen To Eddy" den Takt vor, der während des ganzen Mix Bestand hat. Stets groovig, doch immer schüchtern zurückhaltend, spielen die einzelnen Tracks mit dem Publikum.
Mal deep, mal housy dosiert Loco Dice das Tempo ganz genau, um mit der elektroiden Tech-House-Nummer "Love Is Not A Ritual" von Revolver Jesus einen vorsichtigen Höhepunkt auszuleben. Kurz vor Ende legt er mit "Jacuzzi Games" dann noch einen seiner Tracks auf, die kürzlich auf Josh Winks Ovum Recordings in Vinyl geritzt wurden und empfiehlt sich damit auch nachhaltig als Produzent, von dem noch einiges zu erwarten ist.
Im Gegensatz zum Set von Loco Dice prescht Ricardo Villalobos beinahe schon ungestüm nach vorne. Die Tracks von Sasse, Robag Wruhme, Donnacha Costello oder John Tejada schieben minimalistisch aber bestimmt an. Als kleines Zückerchen garniert Villalobos seinen Mix im ersten Drittel mit Isolées Hit "Beau Mot Plage". Der Track mit seiner prägnanten Melodie schallt für ein paar Takte aus den Boxen, bevor die Bühne Kenny Dope mit "Krafty" gehört.
Sein Können an den Plattenspielern zeigt der gebürtige Chilene Villalobos dann kurz vor Schluss nach einmal, als der Yello Klassiker "You Gotta Say Yes To Another Excess" sich im Takt mit Woodys neuer Maxi "Put 'Em Up" dreht. Warum die Sets von Villalobos derzeit weltweit zum besten gehören, was die Clubkultur zu bieten hat, braucht sich nach "Blue" niemand mehr zu fragen. Wer Ohren hat der höre.
Unterm Strich ist "Green & Blue" weit mehr als ein bloßes Souvenir von einen schönen Spätsommertag in der Nähe von Frankfurt. Mit Loco Dice und Ricardo Villalobos zeigen auf "Green & Blue" zwei Ausnahme DJs ihr Können. Das lohnt den Kauf allemal, nicht nur für jene, die das Glück hatten an jenem Tag mit dabei gewesen zu sein.