laut.de-Kritik
Eine Teilnehmerurkunde für dieses Mixtape.
Review von Yannik Gölz"Rapping just to rap, what the fuck happened to that?", eröffnet Logic den Closer seines neuen Albums. Und wenn das sein Ziel war, dann möge man ihm in allen Ehrenwürden eine Teilnehmerurkunde verleihen. Was auch immer Logic auf "Bobby Tarantino 3" tut, es rappen zu nennen, wäre bestimmt nicht gelogen. Aber darüber hinaus? Der Mann hat sich im letzten Jahr mit großem Effekt einen Karriere-Ende-Arc gebaut, mit "No Pressure" einen runden Abschluss hingelegt, war bereit, sich seiner Familie zu widmen – und ein Dreivierteljahr später haben wir das hier auf dem Teller. Dieses Album ist so lieblos und sinnentleert, man fragt sich, ob Windelwechseln und Hausarbeit wirklich so schlimm für Bobby waren.
"Bobby Tarantino 3" ist von einer ausgeprägten Ideenlosigkeit gezeichnet. Oder – es fehlen nicht die Ideen, objektiv liegen sogar viele Ideen vor, sie sind nur allesamt schlecht – und zusätzlich zu ihrer Schlechtigkeit noch relativ unausgegoren. Wie schaffe ich es, muss er sich gefragt haben, über dreizehn Tracks so souverän und auf so vielen Wegen wie möglich an meinen Stärken vorbeizuarbeiten? Jeder Song widmet sich auf seine eigene, uninspirierte Weise der Aufgabe, den Stil eines anderen Rappers zu reproduzieren.
"Vaccine" hat sich instrumental offensichtlich an der "Astroworld"-Kollabo "Carousel" von Travis Scott und Frank Ocean orientiert. Die kosmische Atmosphäre der Synthesizer, das markante Vocal-Riff, die generelle Stimmung. Leider hat Logic so viel psychedelische Kredibilität wie Ed Sheeran im Kinderfernsehen, und der Song klingt letzten Endes leer, trocken und nüchtern.
Generell fühlt man sich bei diesem Album oft, als würde man die Probe eines Stückes sehen, in der noch kein Darsteller so richtig in Kostüm, Maske und Charakter agiert. Wenn er auf "Get Up" seinen besten Versuch unternimmt, Kid Cudi zu sein, und von Stimmfarbe über Gesumme bis hin zu textlicher Prämisse alles auffährt, was den Mondmann so ausmacht, fühlt er sich auf dem traurigen Gitarren-Loop ortsfremd an. Er hat nicht die Stimmfarbe und die Gravitas für so einen Song, aber vor allem weiß er und wissen wir, dass es Bullshit ist. Dieser Song ist so authentisch wie sein Versuch, auf "My Way" zu klingen, als sänge Trippie Redd ein Fetty Wap-Cover.
Es verstehe sowieso mal einer, wo Logic diese Idee herhat, einer der vibigen, atmosphärischen Rapper zu sein, gut im Verkörpern von Melancholie und Psychedelik, und sehr viel singen zu sollen. So viele Songs hier klingen wie die ersten Schritte eines mäßig talentierten Soundcloud-Rappers. Und das ist Logic offensichtlich einfach nicht. Er ist dieser süße, leidenschaftliche Rap-Streber, der mit überambitionierten Konzepten, schnellen Raps und überkandidelten Technik-Demonstrationen überzeugt. Das mag nicht so chic wie Travis Scott oder Kid Cudi sein, aber das ist eben, was er ist. Er ist offensichtlich zu fröhlich, zu nüchtern und zu fokussiert für zwei Drittel der Konzepte dieser Platte.
Dass am Ende zumindest ein kleiner Aufschwung passiert liegt daran, dass er sich ein bisschen in den Griff kriegt und Pattern rappt, die mehr in seinem Element liegen. Das schnelle Geflexe auf "See You, Space Cowboy" wird seine Anhängerschaft finden, und auch, wenn sein erzwungene Referenz auf Kanyes "The College Dropout" sich nicht im überpolierten Glitzer-Beat von "God Might Judge" spiegelt, macht er das doch mit ein paar seiner besten Flows der Platte wett. Die Flows müssten aber eine Heldenarbeit leisten, wenn sie diese Platte hörenswert machen wollen, denn wenn wir schon feststellen, dass der Sound und das Konzept durch die Bank ins Leere gehen, können wir uns auch darauf einigen, dass die Texte Murks sind.
Zu großen Teilen klingt dieses Album wie ein schlechter Freestyle. "Came back to the scene, came back with a team / Like rap ain't a thing, I'ma do anything / I'ma rap, I'ma sing, yeah, I'm back, I'm the king / Came back from the trap to supply all the fiends", rappt er auf "Vaccine", "I am the Young Sinatra, do it my way / I do a one-eighty on the highway / I got a couple cars in my driveway / I got a couple broads in my driveway" auf "My Way" und einem Hulk Hogan-haarigen Fred Durst wird plötzlich warm ums Herz.
Mensch, was für eine Verschwendung von einem Release-Spot. Man geht mit großem Trara in Rente, kehrt kaum ein Jahr später zurück und macht ein Album, das genau an die tiefsten Punkte der eigenen Karriere anknüpft. "Bobby Tarantino 3" ist verwirrt, ungelenk, absolut nicht effektiv und vor allem fast komplett sinnlos. Wer Logic als Rapper mag, wird sich aufregen, dass er hier absolut nicht in seinem Element rappt. Wer die Rapper mag, an denen er sich orientiert, wird mit dieser Bleistiftskizze ihrer Sounds auch nicht glücklich sein. Logic hat gerappt, um zu rappen. Na schön. Dann hoffen wir mal, dass das unvermeidliche nächste Album ein bisschen höhere Ziele setzt.
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