laut.de-Kritik
Ein Dance-Album wie guter Wein.
Review von Daniel StraubSeit Jahren wacht Peter Kremeier penibel darüber, dass nur allerfeinste Tracks sein Studio verlassen. Ein strenges Qualitätsmanangement haben er und die Jungs von Playhouse sich auf die Fahnen geschrieben. Das ist wohl der Hauptgrund, warum Losoul zwar seit rund zehn Jahren als erfolgreicher Produzent weltweit geschätzt wird, mit "Getting Even" jetzt aber erst sein zweites Album vorlegt. Und um es vorweg zu nehmen: die Kontrollmechanismen im Hause Losoul und Playhouse enttäuschen uns auch im Fall von "Getting Even" nicht.
Losoul eröffnet das aktuelle Album mit einem Track, wie er für Peter Kremeier typischer nicht sein könnte. Auf knapp acht Minuten Spielzeit bringt es "Railrude" und gibt damit schon mehr als nur einen bloßen Fingerzeig, worauf es Kremeier in seinen Stücken ankommt. Losoul definiert sich seit seinem gefeierten Debüt auf Playhouse mit "Open Door" vor allem über die Zeitachse, an der entlang sich die Tracks entwickeln, aufbauen und verändern dürfen.
Wie der Winzer einem guten Tropfen die nötigen Stunden in der Sonne nicht abspricht und ihn am Ende bis zum richtigen Zeitpunkt im Keller lagert, so lässt auch Kremeier seine Tracks reifen. Er umhegt sie mit viel Liebe, auf dass einmal Großes aus ihnen hervor gehe, und gönnt ihnen schließlich die nötigen Minuten und Sekunden, um die in ihnen angelegte Leidenschaft und Perfektion voll zur Entfaltung zu bringen. Diese Geduld mit sich selbst und Songs erfordert Mut und ist in einem Genre, wo die Trends monatlich neu ausgerufen werden, geradezu eine Tugend.
Hier ist denn wohl auch der Grund zu sehen für den überzeitlichen Charakter, den ein Track wie "Brain Of Glass" oder "Insula" ausstrahlt. Losoul arbeitet in die Tiefe. Nicht der oberflächliche Effekt interessiert Kremeier, sondern der Charakter seiner Sounds. Stimmt auch die Idee, die seine Tracks trägt und zum Leben erweckt, auf ihre Weise in ein organisches Gewand kleidet, dann kann sich der Produzent Kremeier endlich in seinem Studio eine Verschnaufpause gönnen und sich im Sessel zufrieden zurücklehnen.
Losoul macht elektronische Musik, die auch noch in zwanzig Jahren frisch und originell klingt, diese Voraussage kann jeder treffen, der sich mit einem guten Glas Wein in der Hand Zeit nimmt und seine Ohren nur ein wenig aufsperrt. Vielleicht braucht man bei "Getting Even" zwei oder drei Anläufe, bis man auf den Geschmack kommt. Sind die Sinne erst einmal geeicht, möchte man nichts anderes mehr serviert bekommen.
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