laut.de-Kritik
Schönes Folk-Album vom ehemaligen Sebadoh-Chef.
Review von Giuliano BenassiIm ersten Moment erzeugen Name und Titel ein ungutes Gefühl: Barlow, war das nicht der schleimige Typ von Take That? Macht der nach dem Abstieg ins kommerzielle Nichts plötzlich auf Folk und ruhig, wie "Emoh" mitzuteilen scheint?
Lou Barlow aber ist nicht das ehemalige Mitglied einer Boygroup, sondern war einst Anführer der in Fankreisen verehrten Sebadoh, Bassist bei Dinosaur Jr. und der wichtigste Mann bei Folk Implosion. Auch der Name der Scheibe offenbart eine zweite Seite: Anders herum geschrieben ergibt er "Home" und ist vom Titel des zweiten Stücks abgeleitet.
Ein Wortspiel, das das Wesen des Albums gut beschreibt. Weitgehend im eigenen Heim entstanden, bietet "Emoh" eine intime, nachdenkliche Atmosphäre, ohne in seichte oder belanglose Gewässer abzuwandern. Zwar geht es meist akustisch zu, aber die Zunahme einer Band und die gelegentliche Verwendung von E-Gitarren bringen Schwung in die Sache. Der Einsatz von Mark Nevers (Lambchop) als einer von drei Produzenten zeigt, wie viel Arbeit in die Aufnahmen geflossen ist.
Mit "Holding Back The Year" geht es erst mal gemächlich los. Elektronisches Hintergrundrauschen macht aus "Home" und "Caterpillar Girl" eigentlich eher schwer verdauliche Stücke, wäre da nicht Barlows hohe, etwas traurige Stimme, die Ruhe ausstrahlt. Es geht hier weniger um die Instrumentierung der einzelnen Lieder, sondern um die Erzeugung einer Atmosphäre. So fügt sich das wieder ruhige "Just A Little Bit Of Love" nahtlos an seine Vorgänger.
Das durchweg gelungene Album hält auch einige Überraschungen bereit. "Round And Round" war 1984 der größte Hit der geschminkten Heavy-Band Ratt, während das anschließende "Mary" mit einem schon fast blasphemischen Text aufwartet. "Immaculate conception, yeah right, crazy Mary, it's good that you lied ... crazy Mary, you're foerever divine, they'll never know the baby's mine", trägt Barlow unschuldig vor. Das abschließende "The Ballad Of Daykitty" entlässt den Hörer mit einem versöhnlichen Lächeln.
Über zwanzig Jahre hat es gedauert, bis Lou Barlow sein erstes Album unter eigenem Namen herausgebracht hat. Das es wahrscheinlich sein persönlichstes und sicherlich sein am besten produziertes ist, ist nur die eine Seite der Medaille. "Ich habe so viele Dinge unter so vielen verschiedenen Namen gemacht, dass ich meine Zuhörerschaft immer wieder verloren habe. Ich habe den Punkt erreicht, an dem ich entweder das konsolidiere, was ich habe, sterbe oder einen Scheißjob annehmen muss und das mit der Musik bleiben lasse. Ich hoffe, dass ein paar Leute, die meine alten Sachen mochten, dieses Album kaufen und dass es mir mit ihm gelingt, die verschiedenen Zuhörer zusammen zu bringen", erzählt er in einem Interview.
Eine Aufforderung, deren Befolgung sich ohne Zweifel nicht nur aus humanitären, sondern auch aus rein musikalischen Gründen lohnt.
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