laut.de-Kritik
Die neuen Mando Diao kommen aus München.
Review von Michael SchuhInfozettel sind ein Segen. Kaum vorstellbar, wie Musikredakteure das in zehn Jahren machen, wenn es keine CDs mehr gibt. Oder trinken die dann keinen Kaffee mehr? Aber mal ernsthaft: Der Ruf der gerne auch Promo- oder Waschzettel genannten Album-Werbetexte ist bei Journalisten vom Fach im Eimer.
Denn dort gehören meistens auch die darin hoch gelobten Bands hin. Dass aus Großbritannien regelmäßig das "next big thing" kommt, haben wir mittlerweile kapiert. Schlimmer wird es nur bei deutschen Bands, wenn kreuzbrave Biedermannkapellen ihre abgestandenen Soundkopien als musikalische Erleuchtung verkaufen wollen. Dass die Tonträger-Industrie am Ende ist, in solchen Momenten wundert es einen nicht.
Vorhang auf für Lucky Fish: Eine Band, deren Debütalbum sämtliche Werbezettel-Superlative verdient hätte. Britpop-Heroes! Next big thing! Jawoll! Doch das kleine Label Flowerstreet Records ist kein Freund marktschreierischen Marketings. Dort weiß man genau, welchen Fisch man hier an der Angel hat. Die Schlauen werden auch so anbeißen, scheint die Devise. Und sich dann hoffnungslos im Netz verfangen.
Sie haben völlig Recht. Und zum Dank übernehmen wir mal das Geschrei: Lucky Fish sind ein Volltreffer. Eine Newcomer-Band, die einschlagen wird. Auch wenn sie überraschenderweise nicht aus London, sondern aus München stammt (womit ich keiner Band aus München zu nahe treten möchte). Indes: Man glaubt es bei Lucky Fish einfach nicht.
Schon der Kooks-ähnliche Opener "Inside Her Eyes" weist ein Songwriting-Level aus, das man von 19-Jährigen selten zu Gehör bekommt. Im weiten Spannungsfeld zwischen Genre-Heroen der Marke Kinks, Mando Diao und The Libertines gelingt es Lucky Fish mühelos, einen eigenen Sound-Kosmos zu erschaffen, der kaum wundern lässt, warum Labelchef Böhm die Truppe von einem Wohnzimmer-Konzert weg unter Vertrag nahm. Manchmal muss es einfach schnell gehen.
Die Stärke der Band liegt eindeutig in frischen, dynamischen und sehr eingängigen Melodiebögen, die Sänger Zlatko Pasalic dankenswerterweise auch noch mit gehaltvollen, aus Alltagsbeobachtungen resultierenden Texten anreichert. Darin wurzelt eine Begeisterung, wie sie auch in den Debütalben der genannten Bands zu finden ist.
Vom ungestümen Rock'n'Roll in "Roundabout" über die zukünftige Hymne "Emily", dem beatleesken "I Want More Mondays" bis zum smarten Uptempo-Kracher "Yet Another Day" sparen Lucky Fish nicht an echten Highlights. Stücke wie "One And Only Chance" oder "The New" reißen zwar nicht derart mit, runden den professionellen Anspruch der Band aber gut ab.
Es dürfte jedenfalls nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die Konzertstädte von Lucky Fish nicht mehr München, München und München heißen, sondern Berlin, Hamburg und Köln.
"Let's pretend we don't know what tomorrow means", singt Pasalic an einer Stelle. Wenn sich das Quartett seine ansteckende Unbekümmertheit erhält, muss es sich um seine Zukunft wenig Sorgen machen.
2 Kommentare
Wat ein Backfisch!
Originell wie Cola mit Fanta zu mischen oder halt Mando mit den Kooks...
Ich trinke da lieber pur - wenn's überhaupt sein muss.