laut.de-Kritik
Unabhängig, frei und wild!
Review von Florian SchadeVor der Bühne feiern Menschen. Sie hüpfen und schubsen sich. Sie johlen und jubeln. Ihre Gesichter strahlen. Vor ihnen auf der Bühne wird Rock'n'Roll zelebriert, gearbeitet, geschwitzt. M.A.S.S. spielen nicht nur Rock'n'Roll, sie sind Rock'n'Roll. Schon seit zwei Jahren tourt der englische Fünfer um die wilde Frontfrau Justine Berry durch Europa - jetzt legt er ein Debütalbum vor, das sich gewaschen hat.
Bereits der Opener "Testify" verkündet mit dreckigen Riffs die Kunde vom schnellen Lebensstil: Unabhängig, frei und wild. Wie Bilder im Roadmovie fliegen uns die Killer-Riffs um die Ohren, man möchte sich sofort auf den nächsten Chopper setzen und losbrausen. "Live A Little" erinnert vom Songwriting her an die Strokes, Justine klingt wie Debbie Harry zu ihren besten Zeiten. Paul und Stuart stampfen dazu einen Backbeat vom Feinsten.
Aber es passiert noch viel mehr auf der Platte: Die erste Singleauskopplung, "Hey Gravity" überzeugt mit scharfen Gitarren, treibendem Beat und einem zweistimmigen Refrain irgendwo zwischen Pub-Rock und Progressive. Wenn Justine bei "Don't Wanna Wait Anymore" über der hypnotischen Bassline zu schmachten beginnt, erzeugt das Gänsehaut. Hier singt eine Frau, die ihre gesamte Ausdruckspalette an Gefühlen verlustfrei auf die Musik übertragen kann: "You set my soul on fire". Aber hallo - und wie!
Weiteres Beispiel der zuckersüßen Verführung ist der Hidden Track "Unbreakable". Wenn die Bridge einsetzt, sich langsam steigert, mehrstimmig wird und dann in krachenden Refraingitarren und einem wütenden Schlagzeug mündet - das macht süchtig, ehrlich.
Die einzige Ballade des Albums, "Deaf To Your Answers", ist weder zu lang, noch zu kitschig. Süße Melancholie, behutsam aufgebaut mit einer Bassline, die so auch den Red Hot Chili Peppers rausrutschen könnte.
Revolution ist ein ungeheuer energiegeladenes Album. Immer gekoppelt an diese kleinen, gemeinen Melodien, die nicht mehr rauswollen aus dem Kopf. Justine Berry kann die Ohrmuscheln sanft liebkosen ("Deaf To Your Answers", "Hey Gravity"), aber ebenso die Rockröhre auspacken und Songs per Reibeisen Druck verleihen ("Testify", "Revolution"). Die Band steht ihr in nichts nach. "Revolution" ist ein Album ohne Durchhänger. Kompromisslos, eigenständig, treibend, abwechslungsreich und voller Ohrwürmer. Diese Band arbeitet, schwitzt und zelebriert den Rock nicht nur auf der Bühne. Sie lebt ihn.
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