laut.de-Kritik
Willkommen in MF Dooms Kräutergarten.
Review von Alexander EngelenUm es gleich vorweg zu nehmen, Instrumental-CDs sind natürlich nicht die Platten, die reihenweise die fünf Punkte einsacken. Es fehlt ihnen ja auch ein nicht ganz unwesentliches Merkmal: die Lyrics. Trotzdem können solche Exemplare die Hörer durchaus auch entzücken. Vor allem, wenn die - quasi ungeschliffenen - Rohdiamanten aus dem Hause MF Doom kommen.
Selbiger hat erst vor kurzem gemeinsam mit dem Beat-Conducter Madlib die Musikwelt als Superschurken für sich gewonnen. "Madvillainy" hieß das Lehrstück in Sachen Stones Throw'scher Hip Hop-Genialität, und erfreulicherweise ist dieser musikalische Kräutergarten hier davon gar nicht so weit entfernt.
Doom und Madlib ähneln sich nämlich nicht nur in ihrer musikalischen Produktivität. Die Sounds klingen ähnlich abgefahren, und beide finden deutlich Gefallen an sich entspannt zurücklehnenden Tönen, die von einer Sekunde auf die andere in wilde Spinnereien ausarten.
Der König der Alter Egos, Doom, hat es sich also nicht nehmen lassen, für sein eigenes Label Metal Face Records durch seine persönliche Flora und Fauna zu streichen, die schönsten Pflänzchen zu stutzen und in Form dieser Instrumentals an den Head zu bringen. Natürlich kann keiner der Songs bestreiten, unter reichlichem Einfluss selbiger Kräuter entstanden zu sein. Wenn dabei aber eine so facettenreiche Palette heraus kommt, kann man es nicht mal einem Berufsdampfer wie MF Doom krumm nehmen.
Wobei ich wirklich nicht wissen will, von welchem Stern die Gewächse gekommen sind, die beim Entstehungsprozess von "Hyssop" beteiligt waren. Diese psychedelische Mischung aus Geisterhaus-Musik und Science-Fiction-Theme ist schlichtweg jenseits von Gut und Böse. Aber wer die Kumpanen aus dem Stones Throw-Dunstkreis kennt, weiß, dass ihre Produktionen beizeiten einfach ein bisschen anstrengend werden können. Ein bis zum Umfallen gelooptes E-Gitarren Riff ist einfach nach fast vier Minuten nur noch schwer auszuhalten ("Four Thieves Vinegar").
Bei der Auswahl des passenden Stücks sind auf jeden Fall die kleinen Hinweise im Booklet hilfreich. Auf Volume 3 und 4 gibt das Heftchen einem jedenfalls eine kleine Hilfestellung, für was die Instrumentals zu gebrauchen sind. Da reicht das Sortiment von Exorzismus über Liebe, bis hin zu psychischer Heilung und schlichtweg Geld.
Angesichts der Vielfalt fällt die Auswahl aber auch nicht leicht. "Arabic Gum" zum Beispiel erinnert an die Titelmusik einer Krimi-Serie aus den ausgehenden Siebzigern. Schnell läuft hier vor dem imaginären Auge der Clip des "Sabotage"-Videos der Beastie Boys ab. Deutlich zurückhaltender gibt sich "Calamus Root", das durch den lockeren Beat und das entspannt gesetzte Sample RJD2 oder einigen Ninja Tunes-Produktionen ähnelt. Den Charme trauriger Romantik versprüht die verträumte Geige auf "Syrax Gum", den vollen Sample-Wahnsinn hagelt es auf "Star Anis", und die Klänge von "Lemon Grass" könnten wunderbar auch zu einer neuen Version des Traumschiffs passen.
Während sich Volume 3 und 4 an verschachtelten Spinnereien stellenweise fast überschlagen, sind Teil 5 und 6 deutlich musikalischer und leichter eingängig. Trotzdem erwartet den Hörer auch hier eine Mischung aus poppigen Stücken direkt aus den Siebzigern ("Lavender Buds"), Captain Future-Synthies aus den unendlichen Weiten der Galaxie ("White Willow Bark") und Beat Box-Sounds, die einfach nur eine helle Freude sind ("Jasmine Blossoms"). Ein Bonus-Feature wartet schließlich noch auf Volume 5, das in einer gelungenen Flash-Animation mit zwei Live-Auftritten, einem Video und diversen MF Doom-Fotos aufwartet.
"Special Herbs" ist sicher nicht für jedermanns Ohren gemacht. Wer sich aber schon immer mit den Sounds aus den Lagern Stones Throw, Def Jux oder Ninja Tunes anfreunden konnte, hat in dieser Platte die perfekte Hintergrundmusik für jegliche Tätigkeiten des Alltags gefunden.
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