laut.de-Kritik
I got to, got to, got to make it funky.
Review von Dani Fromm"Je älter ich werde, desto mehr jage ich den Momenten hinterher, die mir wirklich Spaß machen", schreibt Maceo Parker in seiner Danksagung. Ein durch und durch vernünftiger Mann. Man darf also davon ausgehen, dass die letzte Zusammenarbeit mit der Big Band des WDR nicht nur dem Hörer erhebliches Vergnügen beschert hat: "Einmal mehr haben wir einen Höhepunkt erreicht", so Parker über die Neuauflage des Projekts. Recht hat er: Lebenslust und überschäumende Spielfreude quietschen aus jedem Ton und sorgen dafür, dass die inzwischen doch recht angejahrte bag von Papa James Brown im Jahr 2012 noch genau so brandnew erscheint wie eh und je.
Temporeich, fast schon unanständig schmissig reißen die Herrschaften von der ersten Sekunde an mit. Aus allen Poren trieft der Schweiß in die zweifellos schnieken Anzüge. Maceo Parker jauchzt dazu wie der junge Hüpfer, der er im Geiste immer noch ist. Wundervoll.
Das Publikum, dem im November 2011 bei den Leverkusener Jazztagen das Glück vergönnt war, die auf "Soul Classics" für die Ewigkeit festgehaltene Show leibhaftig mitzuerleben, muss einen grandiosen Abend bezeugt haben: Sowohl die Auswahl des Materials als auch die individuelle Gestaltung der einzelnen Songs kündet von fingerfertigstem Umgang mit Dynamik.
Nach Nummern aus dem Repertoire des Soul Brothers No. 1 und Stevie Wonders gestattet ein klassischer Blues die dringend nötige Atempause, ohne dass man dafür das Gesicht verlieren müsste. Ein gediegener Schwof dazu, dann ist die blaue Stunde auch schon vorüber gezogen, und "Higher Ground" dreht wieder auf.
Maceo Parkers Saxophon beherrscht die Bühne, fordert aber keineswegs alle Aufmerksamkeit für sich alleine ein. Ganz natürlich finden alle Mitwirkenden ihren Platz. Cora Coleman-Dunham am Schlagzeug, Frank Chastenier an der Hammondorgel, Paul Shigihara an der Gitarre und Christian McBride am Bass: Jeder einzelne hat sich seinen begeisterten Applaus redlich verdient.
Parker duldet - sicher anders als manch anderer Großmeister seines Fachs - sogar einen weiteren Saxophonisten neben sich: Karoline Strassmayer spielt in der abschließenden Eigenkomposition das Solo, das auf Parkers Album "Made By Maceo" einst Candy Dulfer beisteuerte: "Come By And See", es lohnt sich.
Wer Vergleiche nicht zu scheuen braucht, hat eben keine Probleme beim Teilen des Rampenlichts. Dahingehend schenken sich alle Beteiligten nichts: Unter der kundigen Leitung von Michael Abene operieren wahrhaft grandiose Musiker.
Ihre Klasse zeigt sich insbesondere im absolut unverkrampften Umgang mit den doch einschüchternd großen Vorlagen. Statt in Ehrfurcht davor zu erstarren, hauchen Parker, die WDR Big Band und ihre Gäste dem Material unter Hochdruck Leben ein. Fünf, sechs, sieben Minuten verfliegen in diesen Arrangements wie ein einziger Wimpernschlag.
Neben seinem angestammten Instrument nimmt Maceo Parker gelegentlich wieder das Mikrofon zur Hand. Seine Stimme wirkt naturgemäß schon etwas angekratzt - was einem Blues wie "Yesterday I Got The Blues" ebenso naturgemäß bestens zu Gesicht steht.
Spätestens wenn Parker in "Rock Steady" auf Aretha Franklins Spuren wandelt, dürfte auch dem letzten wie der sprichwörtliche Kronleuchter aufgehen, dass der Mann seine Mission gefunden hat: "I got to, got to, got to make it funky." Danke, auch. Das hat Spaß gemacht.
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