laut.de-Kritik
Wäre der Begriff 'Grown-Man-Rap' nur nicht so eklig.
Review von Stefan MertlikVor zwei Jahren veröffentlichte Mädness gemeinsam mit Döll die Kollaboplatte "Ich Und Mein Bruder". Von Fans und Kritikern gefeiert, kam erst das Juice-Cover und anschließend ein ebenso triumphales Soloalbum von Döll. Jetzt muss der ältere Bruder ran. Nach über eineinhalb Jahrzehnten im Spiel fühlt sich "OG" wie ein Debütalbum an.
Der Titel lässt vermuten, dass sich Mädness in für Hip Hop typischer Selbstbeweihräucherung suhlt. Dem ist allerdings nicht so. Statt gegen Gegner zu spitten, beschäftigt sich der 'Original Gude' mit Themen wie Freundschaft, Familie und Heimat. Der (zugegebenermaßen eklige) Begriff 'Grown-Man-Rap' passt allzu gut.
"Und plötzlich steht vor mir ein anderer Mensch / er sieht aus wie du, doch ich kann dich nicht mehr erkennen / es kommt mir vor, als wären wir Fremde / und alles, was wir noch teilen, ist die Gewissheit, dass hier das wir endet", rappt Mädness, nachdem er eine Strophe lang schöne Erinnerungen an einen ehemaligen Freund geteilt hat.
Verbittert wirkt Mädness trotzdem in keiner Zeile. Während um ihn herum alte Wegbegleiter Kinder, Häuser und Familienhunde kriegen, freut er sich für sie. Das ist nicht sein Leben und er ist reif genug, um zu begreifen, dass das nichts mit besser oder schlechter zu tun hat. "Ich kann dir nicht das Leben erklären", stellt er fest und nimmt stattdessen sein eigenes unangenehm ehrlich unter die Lupe.
In den kompakten 37 Minuten erklärt er, dass er "genug mit seiner eigenen Scheiße zu tun hat" ("Team Allein"), als Wahl-Berliner mit einem differenzierten, aber mit versöhnlichem Blick auf seine alte Heimat blicken kann ("Kein Ort" feat. Marteria) und auch mit wenig zufrieden ist, solange er macht, was er liebt ("Arbeit/Urlaub"). Mit "Ich Mach's Noch Mal Neu" widmet er seiner Mutter und seinem Bruder sogar den persönlichsten Track seiner Karriere.
"Ich muss nicht mein Leben lang mit zwei 1210ern auftreten", verriet Mädness im laut.de-Interview. Auf der Platte hört man, was er damit meint. Mädness wurde mit Boom Bap sozialisiert, öffnet seinen Sound nun aber auch für wärmere Klänge. Live eingespielte Drums und E-Gitarren zeigen, dass Samples nicht mehr die erste Wahl sind. Trotzdem orientieren sich die Produktionen von unter anderem Suff Daddy und Maxim (K.I.Z.) eher an Duck Down als Chefket.
"OG" fühlt sich nicht nur wie Mädness' Debütalbum an, sondern wie der Trilogie-Abschluss nach "Ich Und Mein Bruder" und Dölls Platte. Auch wenn der Hesse durch und durch Hip Hop ist, hat er ein Album geschaffen, das inhaltlich weit über die Grenzen des Genres hinaus auf interessierte Ohren treffen könnte.
4 Kommentare mit 3 Antworten
Auch hier eher eine Enttäuschung. Ist mir alles viel zu Backpack. Beats viel zu melodisch, viel zu viele Gesangshooks, textlich alles schon 1000 Mal gehört. Überhaupt kein Technik-Geflexe mehr, sonder nur der immer selbe Schnarchflow.
Dabei stand der Mann mal für innovative Song-Konzepte, einzigartiges Soundbild und vor allem technische Fertigkeiten. Das aktuelle Album könnte auch von Curse stammen. Oder Max Herre. Oder Prinz Pi.
klingt nach dreck.
Ernsthaft, du vergleichst das mit Pi, dem Mark Forster des Raps?
Ja, Album nicht so geil wie gewohnt, aber Pi? Herre? Diggi!
Schließe mich NervMich an, Pi rappt seelenlose Kalendersprüche, das hier fühlt sich echt an.
Gutes Ding eigentlich...Das Album seines Bruders war aber besser.
Warum ist das eigentlich so wichtig, dass sich jedes Album unbedingt wie ein Debutalbum anfühlen muss? Diese Phrase gibt es mindestens seit XOXO und seit dem reagiere ich mit Unverständnis darauf. Das klingt immer nach "Das ist das Album, mit dem ich finanziell was reißen will, deswegen tue ich so, als wäre es mein Debüt."
Hier schießt das natürlich den Vogel ab, wenn es um einen (schätzungsweise) Endreißiger geht, der seit 12 Jahren Alben rausbringt und dessen letzte EP als Comeback gefeiert wurde.
Schön für ihn (und wahrscheinlich langweilig für uns), dass er das jetzt für sein persönlichstes Werk hält, aber deswegen muss es doch kein Debüt sein.
Ansonsten bin ich bei Inno. Habe zwar nur die Singles gehört, aber die klangen so stanni, dass ich mir den Rest wohl erst einmal nicht geben werde. Irgendwie auch witzig, dass Audio ihn und seinen Bruder so feiert, obwohl das ja genau der Bildungsroman Rap ist, über den er sich früher mit Yassin lustig gemacht hat.
Ich bin auch nicht vollends begeistert, aber doch etwas positiver als die anderen bis jetzt. Ist ganz okay geworden, Inhaltlich sehr persönlich, ein bisschen langweilig und wenn es nach mir ginge könnte mehr Geflexe vorhanden sein. Ich hatte schlimmeres befürchtet, melodien und Gesang noch in erträglichem Maße. Trotzdem noch lieber das als vieles andere. Auch noch lieber als das Döll-Album. 3/5