laut.de-Kritik
Verschroben, unverständlich und eigenständig.
Review von Mathias MöllerDie ersten Eindrücke der Stadt Montréal auf meiner Kanadareise anno 2000/2001 waren verheerend. In Berlin bei dezembertypischen fünf Grad in den Flieger gestiegen, verließ ich in der größten Stadt Québecs den Flughafen bei -15°C. Eine Wand aus Kälte stürzte über mich herein, und den Eingang zu der WG, in der ich nächtigen sollte, zierte festgefrorene Kotze.
Die Temperaturen orientierten sich in der Folge weiter nach unten, und so wird mir mit genügend Abstand sentimental warm ums Herz, wenn Malajube mit ihrem verschrobenen Indiefunk und mit dem schier unverständlichen Quebécer Französisch über "Montréal -40°C" singen.
Die frankophone Bastion Nordamerikas pflegt eine kleine, aber äußert feine und vor allem herzerwärmende Musikszene. Junge Leute in Pubs singen dort bierselig die Lieder der Local Heroes, ohne dabei auch nur annähernd uncool zu wirken. Musikalisches Erbe wird gepflegt und weiterentwickelt. Im besten Fall kommen dabei großartige Bands wie die Colocs und Harmonium oder Künstler wie Daniel Bélanger und Pierre Lapointe zu Tage, nun also Malajube. Ihr mal verträumter, mal sehr europäischer, aber immer etwas schräger Indiesound weist eine erfrischende Eigenständigkeit auf.
Besagter Song über die Stadt am Mont Royal heizt dem Hörer zu Beginn gehörig ein, hier unterstützt eben jener Pierre Lapointe Sänger Julien Mineau am Mikrofon. Es folgen Füßewippen und Wiegen im schwerfälligen Groove von "La Crabe", die markanten Screams von Keyboarder Thomas Augustin im Hintergrund und die Dringlichkeit im Spiel der Band lassen "Trompe L'Oeil" spätestens jetzt zum Hörerlebnis werden. Dass man von den Lyrics kaum etwas versteht, stört dann kaum.
"La Monogamie" entwickelt sich großartig von einer Akustiknummer zum pompösen Indie-Choral. Lecker angerichtet, serviert in "Ton Plât Favori" Mineau sein Herz: "Je suis ton plât favori" und "Tu manges encore, tu manges mon coeur." Bon Appetit! "La Russe" ist eine elektronisch angehauchte Kollaboration mit den Rappern der Montréaler Crew Loco Locass. Schwer nach vorne rockend stampft das "Fille A Plumes" in Richtung Plattenende. Die Wandlungsfähigkeit des Quintetts überrascht immer wieder, und so fühlt man sich vom Intro bis "La Fin" gut und kurzweilig unterhalten.
In Québec heimsten Malajube letztes Jahr drei Preise ein, einen davon für das beste Alternative-Album des Jahres, einen weiteren für die beste Nachwuchsband. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis man sie auch in Deutschland zu würdigen weiß. "Trompe L'Oeil", alles andere als Blendwerk, macht es einem denkbar einfach.
2 Kommentare
Ein wunderschönes Album.
Frisch irgendwie.
Auf teilweise ruhige, teilweise mitreißende Art unterhaltsam. Nie langweilig. Man könnte sogar so weit gehen und sagen: genial.
Nun wie auch immer - ich war am Samstag sehr froh, dass sich diese CD tatsächlich bei Müller im Regal finden ließ, zumal sowohl CD-Cover als auch Hülle mit wundervollem Design aufwarteten ... *schmacht* ...
Christian Stenger.
Der für diesen Beitrag nicht bezahlt worden ist und eigentlich mit Französisch wenig am Hut hat: schönäh sepah?
Kann ich zustimmen. Großartiges Album.