laut.de-Kritik

Krachende Entscheidungshilfe für Jugendclub-Abgänger.

Review von

"Das Gewehr geladen in der starken Hand zieht der Ritter ohne Rüstung durch das wilde Land", heißt es im Titeltrack des Albums. Die vier Münchner Marathonmänner sind wütend, aufgebracht und wollen sich Gehör verschaffen. Seit anderthalb Jahren hinterlassen die vier Bayern dicke Fußspuren in der hiesigen Post-Hardcore-Szene und versprühen dabei reichlich Gift und Galle.

Ähnlich schroff und geradeaus wie die Kollegen von Turbostaat und Frau Potz walzen sich Marathonmann durch scheppernde Hi Hat-Landschaften und krachende Gitarren-Welten. Ganz oben thront das schmirgelnde Organ von Sänger Michael Lettner – ein kratzender Permanent-Shooter, der das musikalisch durchstrukturierte "Holzschwert" mit reichlich Splitter verziert.

Insgesamt zehnmal schwellen die Halsschlagadern des Frontmanns zu taudicken Blutbahnen an, während die Gefolgschaft wahlweise mit kräftezerrenden Energieauswürfen ("Wenn Du Dem Teufel Deine Hand Gibst", "Die Stadt Gehört Den Besten") oder melancholischen Breitwand-Szenarien ("Unter Tränen", "Räume", "Grabräuber") für reichlich Feuer im Background sorgt. Fernab von lyrischen Plattitüden kämpft sich der Langstreckenläufer an vorderster Front durch die Mysterien des Erwachsenwerdens.

Vollgesogen mit Wut, Trauer, Schmerz, Hoffnung und Überlebenswillen heften sich die intelligenten und ausgeklügelten Verse über Entwicklung und Veränderung an die Fersen von verzerrten Gitarren, und pumpenden Drums. Dabei entsteht letztlich eine frei interpretierbare Gedankenstudie über Jugendclub-Abgänger auf dem Weg in die große weite Welt. Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, alles aufzugeben? Und bis wann ist man bereit, zu kämpfen?

Marathonmann beschäftigen sich mit den unbequemen Fragen der Jugend und lassen dabei viel Spielraum für Antworten. Wer sich kurz vor dem Absprung noch nicht so richtig entscheiden kann, welche Träume man in den neuen Lebensabschnitt mitnimmt und welche man lieber hinter Papas Garage verbuddelt, dem könnte dieses Album unter Umständen als Entscheidungshilfe dienen. Aber keine Angst, die Münchner verzichten bewusst auf allzu offensichtliche Wegweiser und ausgestreckte Zeigefinger: "Weißt du was Träume sind? Oder träumst Du gar nicht mehr?"

Und? Schon 'ne Antwort parat?

Trackliste

  1. 1. Wenn Du Dem Teufel Deine Hand Gibst
  2. 2. Die Stadt Gehört Den Besten
  3. 3. Unter Tränen
  4. 4. Holzschwert
  5. 5. Räume
  6. 6. Wir Sind Immer Noch Hier
  7. 7. Grabräuber
  8. 8. In Den Trümmern Deine Sätze
  9. 9. Propeller
  10. 10. Schiffe Versenken

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5 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Na ja was ich jetz zweimal live von denne als Vorband gesehen habe war eher Madsen ähnlicher Durchschnitt...unter Hardcore stell ich mir deutlich was anderes vor^^

  • Vor 11 Jahren

    Ganz interessant, aber man merkt schon, dass hier eine deutlich jüngere Zielgruppe angesprochen wird ^^ (Im Vergleich zu Frau Potz, Turbostaat etc). Ob das jetzt Kalkül ist oder fehlendes Talent im Songwriting bedeutet, naja darüber mach ich mir lieber kein Urteil

  • Vor 11 Jahren

    WTF!! jüngere Zielgruppe? ich bin magische 42 und hatte heute 2x Gänsehaut von deren Musik, einfach nur geil!!!
    Ja, und Madsen ist doch wohl genauso geil! ENDLICH eine Band, die Madsen gleich kommt!
    Durchschnitt? Ich weiß, was ich die nächsten 2 Monate hören werde!

  • Vor 11 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 10 Jahren

    also ich stell fest, dass bei dem Album vielmehr eine Depression zugrunde liegt... die lyrics sind der versuch sich von ihr zu befreien... bzw Auszudrücken was in dem Sänger vorgeht, was ihn belastet die Gedanken sind fast 1 zu 1 meine. alles scheint irgendwo ziemlich Ausweglos, man hat so vieles gegen die Wand gefahren hat dadurch viele Wunden erlitten und Fragt sich trotzdem welchen weg man denn gehen soll... man weiß genau man ist irgendwie ziemlich gescheitert , möchte nicht aufgeben, schaft es aber auch nicht mehr wirklich zu kämpfen und wird einfach nur vom Alltagstrott mitgerissen... vergeblich versucht man nen Anker irgendwo festzumachen, doch er hält nirgendswo, das Meer treibt das Schiff einfach vor sich hin... alles im Allem ein sau geiles Album um nochmal auf die Zielgruppe anzusprechen ich bin 28 und ich glaube das hat nix mit dem Alter zu tun sondern vielmehr damit, das in unsere Gesellschaft kein wirklicher zusammenhalt mehr vorhanden ist... shoppingartikel und Arbeiten sind wichtiger als Freunde geworden zusätzlich muss ja jeder sehen, das er seinen eigen hintern an die Wand bekommt und ihn auch so gut wie möglich dort halten kann