laut.de-Kritik
Wechsel von Mardi Grass zum dreckigen Blues-Rock.
Review von Klaus HardtDie Mardi Gras.BB stellt sich auf der aktuellen CD nur noch als Trio dar. Wobei das nur eigentlich in Anführungszeichen zu setzen ist, da zum einen der Kern der Band die Reduzierung der Besetzung ganz bewusst gewählt hat, und zum anderen, weil sie auch ohne Bläser noch gewaltig durch die Boxen bläst.
Die Mannheimer vollziehen mit dieser Scheibe einen Wechsel vom traditionellen Mardi Grass-Sound zum dreckigen Blues-Rock mit ein wenig Country. So stellt das Weglassen der Bläser einen logischen Schritt dar. Eine rotzige Gitarre, die sich wunderbar mit dem Gesang ergänzt, ein klarer brummender Bass und ein offener rauer Schlagzeug-Sound prägen das Klangbild. Alles tönt wie mal eben in der Garage ein Mikro hingestellt und auf "Record" gedrückt. Die Platte entstand denn tatsächlich in nur zwei Tagen. So wundert es umso mehr, mit wie viel Wumms unten rum die Lieder durch die Lautsprecher marschieren. Im Auto wackelt mit leicht angehobener Lautstärke der Sitz vom Hintern bis zur Halswirbelsäule bei jedem Bassdrum-Schlag.
Der motorisierte Untersatz ist auch einer der besten Orte, um die Platte zu genießen. Ruhige, fließende Bluesrock-Nummern, wie "Liza Marie" oder "Sandbox Love" lassen auch den Mitteleuropäer bei einer Wochenendtour über Landstraße von der Route 66 träumen. Zu Sonnenuntergangsstimmung passen auch die Country-Songs "Hummingbird" und "War Crimes", inklusive Quintbass, Railway-Rhythm, Frauen-Background und Mitsingmelodie. Zwischendurch tauchen kurze Overdrive-Gitarrensoli auf, um nicht zu soft zu erscheinen. "Hey There!" ist eine Mischung aus Mardi Grass und Country.
Doc Wenz singt diesmal ohne Frauen, relaxt shuffelt Sir Erwin Ditzner im Hintergrund, der Quintbass kommt diesmal etwas versteckt daher und erfreut einen besonders mit den Abwärtsläufen am Ende eines Chorus, wenn die beiden anderen Pause haben. Die Melodie gerät nicht ganz so sanft wie bei den beiden anderen Stücken, sondern passt eher in eine verrauchte Kneipe. Dort spielt sich auch die Geschichte des Liedes ab.
Etwas mehr Rock klingt bei "Favorite Nerd" durch. Straight und kraftvoll wühlt sich das Schlagzeug durch den Song. Der Gitarren-Riff ist so, wie man ihn bei einem Rockstück erwartet und die langgezogene Gesangsmelodie eignet sich hervorragend zum mitsingen. Auf jedem Biker-Treffen sind die Zuhörer mit solchen Songs zu begeistern. Wenn der Abend spät geworden ist und die Beine schwer, trifft das schwermütige "Cormorant" genau die Stimmung. Der Rhythmus ist schleppend und die Gitarrentöne zieht Doc Wenz so weit, wie der Abend bereits lang ist.
Es ist schon erstaunlich wie diese drei Krauts die amerikanischen Stile aufnehmen und dabei auch authentisch klingen. Sie vermittelt den Eindruck, sie hätten tatsächlich gerade auf einem alten Pick-up ihre Instrumente 500 Meilen durch die Wüste gekarrt, um in einer Bar am Straßenrand ihre Songs zum Besten zu geben. Schade nur, dass richtige Überraschungsmomente fehlen. Die Tracks sind verdammt gut gemacht, klingen aber genau so, wie sie auch schon andere dreckige Bluesrock-Combos gespielt haben.
Ach, was soll's! Bei einer relaxten Autofahrt oder bei einem Bier ist man mit dieser CD auf jeden Fall gut bedient.
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