laut.de-Kritik
Keine Ohrenschmerzplatte, aber zu viel Selbstbeweihräucherung.
Review von Emil DröllWarum nur muss man sich in der Schlagerbranche immerzu auf dem eigenen Erfolg – oder schlimmer noch: dem anderer – ausruhen? Im vorliegenden Fall kommt so eine Geburtstagsplatte voller Cover und Pathos heraus.
Mark Keller feiert sich – pardon, seinen 60. Geburtstag – mit einem Album, das so sehr nach Selbstbeschenkung klingt, dass man fast glaubt, am Ende springe einem ein Geburtstagskuchen ins Gesicht. "Songs Of My Life" ist Kellers musikalische Zeitreise durch sein Leben – und zwar ausschließlich in der Ich-Perspektive. "Jeder Titel erzählt eine Geschichte – meine Geschichte", sagt er. Das spürt man. Leider.
Musikalisch gibt es an der Platte überraschend wenig auszusetzen. Keller klingt, als hätte er sein ganzes Leben lang nichts anderes gemacht, als Elvis zu covern – das ist hier nicht mal ironisch gemeint. Die Cover-Versionen von Klassikern wie "Memories" (Elvis Presley) oder "Don't Let Me Be Misunderstood" (Santa Esmeralda) sind hochwertig produziert, stimmlich souverän und mit reichlich Orchester-Pathos gemeistert.
Es ist keine Ohrenschmerzplatte, im Gegenteil: Man hört die musikalische Erfahrung und das Know-how des Produktionsteams. Meistens klingt das alles richtig rund. Aber erst muss man dieses Intro überstehen. Keller erzählt über sich, seine Träume, seine Idole – wie eine WhatsApp-Sprachnachricht von einem Kollegen, der zu viel vom Geburtstagssekt gesüffelt hat. "Ich wollte schon mit fünf Schauspieler werden" – danke für die Info.
Und spätestens bei "60 Sommer", einem eigens komponierten, "persönlichen" Song über das Älterwerden, bricht die Fassade zwischen Bühne und Wohnzimmer zusammen. Denn hier kommen seine beiden Söhne Aaron und Joshua ins Spiel – die als "Los Kelleros" einen Cringe-Rap-Part auftischen, der klingt, als hätte man einen Junggesellenabschied der Kelly Family vertont. Ein inszenierter Einblick, bei dem alle betonen, wie cool Papa noch ist.
Während "Moviestar" dann swingt, wirds bei "Bel Ami" sogar kurzzeitig charmant nostalgisch: eben 'lowkey ein Banger', wie die Los Kelleros in unangenehm aufgesetztem hippen Sprech sagen würden.
Das grundsätzliche Problem bleibt: Dieses Album lebt fast ausschließlich von Nostalgie, Coversongs und der eigenen Biografie. Es feiert nicht die Musik – es feiert Mark Keller. Ein technisch gutes, musikalisch solides Album, das sich leider zu sehr im Glanz des eigenen Lebenslaufs sonnt und sich dabei auf unerreichte Größen der Musikgeschichte stützt.
Wer ein Geburtstagsalbum hören möchte, bei dem man sich fremdschämen und trotzdem mitwippen kann, ist hier richtig. Wer Musik sucht, die für sich selbst spricht, sollte besser gleich zu Dean Martin greifen.
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