laut.de-Kritik
Ein insgesamt eher beschauliches Album mit einigen Highlights.
Review von Philipp KauseAls J.J. Cale im Sommer 2013 starb, nahm Mark Knopfler mit Eric Clapton ein Tribute-Album auf. Der Southern Rock-Funk-Rhythmus von Cale ging ihm da wohl in Fleisch und Blut über. Denn auf Knopflers neuem Album "Down The Road Wherever" glückt dem Dire Straits-Gründer mit "Nobody Does That" ein Songjuwel, das genau im Stile Cales geschliffen ist.
Auch "Nobody's Child" geht gitarrentechnisch in die Cale-Richtung. Zudem umweht darin so viel Charme die Stimme Knopflers, dass sich jede mit ihm aufgewachsene Dame, die ihm schon früher schon gerne zuhörte, geschmeichelt fühlen muss, wenn man ihr diese CD schenkt. Leider zeichnet sich das Album nicht durchweg durch solche Einzelstücke und Glanzmomente aus.
Viele Songs formen zusammen einen allzu einheitlichen ruhigen Flow - trotz hoher Standards. Knopflers beweist wieder seine Kompetenz zum Songwriting und tritt wie gewohnt nicht mit halben Sachen an. Gutes wirkt aber nicht immer ergreifend. Sobald man merkt, dass das Album etwas breiig und zu ausgeruht wird, wird man kribbelig. Selbst dem größten Fan wird das hier passieren. Es bei gemäßigter Lautstärke oder gar nebenbei laufen zu lassen: Keine gute Idee! Man verliert den Faden und die CD gibt einem in diesem Fall gar nichts, nervt eher. Erst bei lauterem Aufdrehen entfalten etwa die rustikal gespielten, dröhnenden Gitarren in der fünften Minute von "Drovers' Road" ihre Wirkung.
Knopfler war früher schon gerne in seinen Songs auf Straßen und Luftlinien unterwegs, etwa in "The Long Road". Und auch hier überwiegen nun Straßen und Strecken, wo immer man mal zufällig auf den Text achtet. Der "Trapper Man" arbeitet mobil draußen, in "Just A Boy Away From Home" geht es um Entfernung. In "One Song At A Time" handelt von "streets" und "roads", sie sind Western Rock mit Fiddle und etwas schottischer Folk-Ausstattung - exakt das, was man vom Solo-Knopfler nunmehr erwartet.
"One Song At A Time", eine klassische Country-Ballade mit dem Setting 'Mann kommt an Bar und trifft auf anderen Mann' profitiert in erster Linie von der Intonation Knopflers. Auch wenn man nicht so aufmerksam zuhört, der modulierte Gesang wirkt freundlich, ansprechend und unterhaltsam. Souveräne Country-Songs mit einer warmen Stimmung und einem Storyteller sind Mangelware geworden, und hier findet man einen.
In "Floating Away" meint man für einen Moment Johnny Cash zu hören. Zwei Takte lang hält Knopfler das raue, tiefe Timbre durch. Das Schöne an diesem und vielen Songs auf "Down The Road Wherever" liegt im Timing. Knopfler lässt seinen Kompositionen Zeit zum Atmen, den Texten Zeit einzuwirken. Und dann findet sich auch immer ein kleiner Kniff in den Instrumental-Passagen.
Seit "Sailing To Philadelphia", also immerhin seit 18 Jahren und sieben Alben, hat man immer mal wieder den Eindrück, einem älteren Herrn beim Nachdenken im Lehnstuhl zuzuhören. Manches Neue, wie den Kammer-Jazz in "Slow Learner" probiert er mit exzellentem Ergebnis aus. Insgesamt jedoch ist der stilistische Kurs, den der Gitarrist eingeschlagen hat, äußerst beschaulich. Wer beim Hören die gesamte Albumlänge hier ohne Nickerchen durchhält, erbringt jedenfalls eine starke Leistung!
Stark wiederum das Gitarrensolo in "Every Heart In The Room" und die Arrangements aller Songs. Sein Talent zum Gestalten ausgefeilter und entspannter Arrangements führt Knopfler etwa im Country-Soul "Floating Man" und dem kurzen Bonus-Track "Rear View Mirror" eindrucksvoll vor. Bei letzterem Tune knistert die Orgel, und nur Booker T fehlt noch. Die Instrumente bringen einander gegenseitig in Schräglage, angejazztes Spiel. So was kann der straighte Mister "Money For Nothing" also auch.
Unterm Strich sind vier langweilige und vier etwas langweilige Titel bei insgesamt 16 Songs die Bilanz. Die andere Hälfte klingt frisch und engagiert. Solide Sache.
4 Kommentare
Für mich eine sehr treffende Rezi. Sehr schöne Songs, für mich aber oft zu beschaulich. 3 Sterne gehen für mich in Ordnung
Yepp sehe ich genauso.. Die Rezension passt genau zum Album. In vielen Liedern erkenne ich den Mark Knopfler musikalisch nicht mehr wieder. Natürlich ist das Album sehr anspruchsvoll. Man muss es sehr oft und lange hören um es zu mögen. Ob das jetzt für's Album gut ist weiss ich jetzt auch nicht. Also 3 Sterne passen.
Na immerhin ist dem alten Dire Straitler hier nicht nur Schatten sondern auch Licht zu attestieren. Das war gerade bei den letzten Alben nicht immer so. Denke da z.B. mit Schrecken an das letzte, völlig unambitionierte Album 'Tracker' aus 2015 zurück...
Egal es ist eine Weiterentwicklung !