laut.de-Kritik
"Perfect Brisbane Pop" - aus Neuseeland!
Review von Michael SchuhWas der Popularität einer unbekannten Band meist zu Gute kommt, sind Lobpreisungen bekannter Künstler. Anhand der Person, die sie ausspricht, ahnt man schon im Vorfeld, ob es sich wohl um einen Hörtipp drehen könnte. Auch Marshmallow dürfen sich eines zackigen Promi-Statements erfreuen, nämlich von der Go-Betweens-Hälfte Grant McLennan, selbst wenn es kaum unglamourösere Promis als ihn geben kann. Egal, das Zitat lautet: "Perfect Brisbane Pop". Die Frage ist nun: Sagt der Australier McLennan so was nur aus Kumpanei, hat Brisbane außer den Marshmallows vielleicht gar nicht viel mehr zu bieten, oder ist das Quartett tatsächlich perfekt?
Sagen wir mal so: Wer auf Lemonheads/Dando, Teenage Fanclub/Nice Man, die Beatles oder eben die Go-Betweens steht, könnte auch dem Marshmallows-Debüt den ein oder anderen Hit entlocken. Wenngleich man nicht behaupten kann, dass die genannten Bands aufgrund der hier auftretenden kompositorischen Genialität beim Hören komplett aus dem Gedächtnis entschwänden.
Die Mannen um Chef-Songwriter Alan Gregg, der früher bei den neuseeländischen Mutton Birds den Bass zupfte (wieso eigentlich Brisbane, Herr McLennan?), performen einen eingängigen, ab und an hausbackenen, meist schlicht schön zu bezeichnenden Indie Pop, der von der langjährigen Erfahrung aller Beteiligten ebenso profitiert, wie von den Gesangsharmonien.
Schon der Bandname legt nahe, dass das in London beheimatete Quartett ordentlich Zucker auf seine Brötchen bröselt, was gleich der formidable Sophia-mäßige Opener sowie das folgende "Come Sunday" (beide mit Ron Sexsmith als Background-Sänger)voraus schicken. Am Album-Sweetie "Scooter Girl" stören eigentlich nur die etwas arg bemühten Lyrics zum Thema Vespa, die man eher einer deutschen Ska-Band (aus Wiesloch) zugetraut hätte: "Born to ride, she's a scooter girl."
Amüsanter gelingt den Marshmallows der Erlebnisbericht einer "Open Mic Night": "She is serious and earnest like a songwriter should be - and her songs are full of words like soul and destiny - but her fingers start to fumble and her voice begins to crack - and she wishes that the people would stop talking down the back". Genau, jetzt mal Schnauze halten im Publikum; sagen Künstler ja eh viel zu selten sowas. Auch Balladen kriegen die Londoner gut hin, so etwa "Over And Done" mit Drumcomputer-Einsatz und "Strawberry Fields"-Orgel oder "Born Again" mit schwebendem Trompetensolo. Revolutionär ist die Vorstellung beileibe nicht zu bezeichnen, und manche Nummer wagt sich schon etwas weit in Richtung Radio-Mainstream ("Casting Couch"), aber eigentlich hab' ich mich schon mal mehr gelangweilt.
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