laut.de-Kritik
Mit Winnetou durch die Prärie reiten...
Review von Daniel StraubFragezeichen umschwirren meinen Kopf, als ich zum ersten Mal auf die CD "Die großen Film- und TV-Melodien" von Martin Böttcher blicke. Böttcher, Martin? Nie gehört. Als der Silberling dann im CD-Player rotiert, erscheint mir der in der Schweiz lebende Komponist wie ein alter Bekannter.
Die unverkennbaren Streichersätze, die dezenten Bläser und das runde Arrangement haben sich dank Winnetou und zahllosen Fernsehmelodien tief in unser kollektives Gedächtnis eingegraben, auch wenn der Name Martin Böttcher zunächst einmal kein Glöckchen zum Klingen bringt.
Auf der ersten CD spielt sich Böttcher durch die großen Filmmelodien des 20. Jahrhunderts. Nur die wenigsten davon stammen selbst aus seiner Feder wie etwa der Soundtrack zu "Pater Brown" oder "Endstation Liebe". Den übrigen weltbekannten Songs verleiht Böttcher mit seiner weichen Handschrift eine unverwechselbare Note, deren vorderstes Charakteristikum die immer wieder kehrenden Streicherarrangements sind.
Manchmal funktioniert die sogenannte "Böttcherisierung" klassischer Filmmelodien wunderbar, legt neue Charakterzüge der Songs frei und bleibt doch stets nah am Original wie zum Beispiel bei der Titelmelodie des James Bond-Streifens "From Russia With Love" oder "Liebesgrüße aus Moskau", wie der deutsche Titel lautet.
In anderen Fällen spült Böttcher die Songs zu sehr weich, schleift Ecken und Kanten und verändert die Eigenheiten, die die Lieder prägen. Klassische Westernstücke aus der Feder von Ennio Morricone klingen bei Böttcher beispielsweise viel zu lieblich, lassen die ihnen unterschwellig stets anhaftende Boshaftigkeit und Verruchtheit vollständig vermissen.
Die Melodie mag hier zwar noch dieselbe sein, das Gefühl der Songs hingegen wurde durch luftigen Glockenspiel- und schwülstigen Streichereinsatz massiv beschnitten. Nicht einmal mit sehr viel Fantasie kann ich mir die Taugenichtse Joe (Cllint Eastwood), Sentanza (Lee Van Cleef) und Tuco (Eli Wallach), auf Böttchers zuckersüßen Arrangements gebettet, vorstellen.
Besser ins Bild passt da natürlich die Interpretation des Bert Kaempfert-Welthits "Strangers In The Night". Hier treffen zwei Komponisten aufeinander, die eine gemeinsame Passion für wunderschönen Herz-Schmerz verbindet.
Die zweite CD gehört im Anschluss Böttchers selbst komponierten TV-Stücken und umfasst mit der Titelmelodie zu "Kara Ben Nemsi Efendi" und "Fernsehmelodie (Ein Platz an der Sonne)" einige seiner größten Publikumserfolge.
Das Rückgrat der für TV-Serien produzierten Musik bilden die Songs aus dem "Sonderdezernat K1". Auch Kommissar Derrick kommt mit zwei Melodien zum Zuge und sorgt für einen wohligen Ausklang von Martin Böttchers "Die großen Film- und TV-Melodien".
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