laut.de-Kritik
Album im Mixtape-Style mit Gästen wie 50 Cent, Will.I.Am, Bono ...
Review von Alexander EngelenDiesmal gibt's keine hochtrabenden Lobpreisungen, Mary. Nix mit "Queen of Hip Hop/Soul". Nix mit "Deine Stimme ist so wunderbar". Nix mit "Alle Nachmacherinnen können verschwinden, weil du diesen Stil erfunden hast." Nix mit "Bitte heirate mich. Jetzt und sofort." Wieso? Weil dein sechstes Studioalbum eher einem Mixtape gleicht als einem neuen Soul-Kleinod, wie man es eigentlich von dir als Grande Dame des Genres gewohnt ist.
Klar, einige Kracher hat Mary J. Blige für "The Breakthrough" zusammengekratzt. Aber ein in sich schlüssiges Album ist das nicht. Vielmehr nimmt sich Mary den Rap-Mixtape-Zirkus als Vorbild, packt große Namen auf den eigenen Silberling, vergisst aber dabei, dass ein Gast eigentlich auch Qualität bringen sollte.
Und überhaupt, so viele Füller gab es noch auf keinem Album der Künstlerin, die Anfang der Neunziger gemeinsam mit Produzent Puff Daddy die Vermischung von treibenden Hip Hop-Beats und schmeichelndem Soul-Gesang erfunden hat. Bestes Beispiel dafür ist der Gastauftritt von Frühraprentner Jay-Z, der auf "Can't Hide From Luv" keine einzige gerappte Zeile von sich gibt. Hallo? Ein paar nette Worte über die Protagonistin machen noch keine Kollaboration! Das hätte ich von den beiden nicht gedacht. Immerhin geht auf ihr Kollaborations-Konto der Klassiker "Can't Knock The Hustle".
Von der Enttäuschung über Jiggas praktische Nichtanwesenheit mal abgesehen, gehört der Song trotzdem mit locker hüpfendem Beat und sympathischem Party-Sample zu den besten Tracks der Platte. Zusammen mit dem Opener "No One Will Do", dessen Sample und Bassline harmonieren, als wären sie gemeinsam auf Turteltrip im Frühsommer. Doch auch hier ist für Verwirrung gesorgt, klingen die ersten Töne doch verflixt nach Jennifer Lopez. Für Marys Organ ein definitives Armutszeugnis, das sich die Dame jedoch auf dem Rest der Platte nicht ausstellt.
Apropos Armutszeugnis: Auf "MJB Da MVP" singt Mary doch tatsächlich über den "Hate It Or Love It"-Beat von The Game. Sagte ich Mixtape-Style? Eben. Da wird nicht einmal viel an der Hookline gemacht, die erneut 50 Cent vor sich hin schludert. Das ist eigentlich ein Fall für eine Remix B-Seite: schön und gut, aber für einen Albumtrack zu wenig.
Noch schlimmer wird es eigentlich nur noch bei dem Auftritt des Beatbastlers 9th Wonder. Der Little Brother-Produzent schustert ein erschreckend liebloses Instrumental zusammen, das definitiv zu dem schlechtesten gehört hat, was 9ths Sampler je verlassen hat. Aber so ist es eben. Es kommt immer anders, als man denkt. Bestes Beispiel: Der Auftritt von Black Eyed Pea Will.I.Am ("About You"). Zur Abwechslung wartet er nämlich mit einem Instrumental auf, das nicht klebrig-poppig aus den Boxen sabbert. Will.I.Am besetzt auf seinem Sampler eine Spur für lockere Streicher-Sätze, eine andere für Nina Simone, und schon hat man den Black Eyed Peas-Kopf wieder lieb.
Zu guter Letzt fällt noch ein weiterer Track aus dem Rahmen: der U2-Klassiker "One", gemeinsam gesungen mit "everybodys darling" Bono Vox. Und was soll ich sagen? Mary gehört nicht neben The Edge auf die Stadionbühnen der Welt, und das Time Magazine hat Bono nicht wegen diesem Song zur Person des Jahres gewählt.
Nichts für ungut, Mary. Deine Ausnahmestellung unter all den Püppchen und Prinzessinnen der Musikwelt ist unumstritten. Tu uns nur bitte einen Gefallen: Pass auf, dass sich daran nichts ändert.
2 Kommentare
Habe ich neulich gekauft (war im Angebot ), laut.de-review trifft mal wieder exakt zu, würde nur noch einen Balken abziehen.
mittlerweile kann man sich mjb nicht mehr anhören- schade, die hatte früher auch mal gute alben gemacht