laut.de-Kritik
Europa in der Krise: Da wollen auch Maximo Park nicht länger schweigen.
Review von Jens Balkenborg"And if we're proud of the things we have, shouldn't others want to share as well / Now the regimes that we propped up descended into a living hell", beklagt Maximo Park-Sänger Paul Smith in der ersten Singleauskopplung "Risk To Exist" des gleichnamigen sechsten Studioalbums. Ziemlich politische Töne von den Jungs aus Newcastle. In den drei Jahren seit der etwas seichten und unausgeglichenen "Too Much Information" ist ja auch viel passiert: Europa in der Krise, der Brexit ist besiegelt, die Arm-Reich-Schere weitet sich, die Populisten erobern die Welt. Und so weiter und sofort. Laut Smith handele die neue Platte von Empathie, Solidarität und werde zugleich vom Ärger gegen die elitäre britische Gesellschaftsordnung aufgeheizt.
Gleich in den ersten beiden Songs finden Mitgefühl und Ärger prompt auch eine musikalische Entsprechung: Im Opener "What Did We Do You To Deserve This" besingt Paul die schlechten Zeiten und die Ungerechtigkeit, "You forgot to mention the fact that inequality remains." Das Ganze geschieht im Standgas-Modus, da grooven beinahe skaeske Gitarren um ein funkiges Beatgerüst aus Drums und knackiger Bassline. Das klingt ungewohnt und irgendwie ganz nett, kommt aber zu rund und brav daher. Erst beim folgenden "Get High (No I Don't)" fühlt man sich angekommen. Da ist wieder der Maximo-Park-Sound mit seinen markanten mehrstimmigen Gesängen, satten Gitarren und treibenden Drums im Ohrwurmrefrain: "Do you wanna get high / No I don't!"
Dieses Kontrastprogramm zieht sich leider über das gesamte Album. Gerade der Mittelteil fällt mit "What Equals Love?", "I'll Be Around" oder "Work And Then Wait" ziemlich seicht aus. Das sind recht uninspirierte Popnummern im Netter-Schwiegersohn-Modus, die ohne Probleme ihren Weg in den Gehörgang finden, dort aber nicht wirklich Spuren hinterlassen. Lediglich "Risk To Exist" bildet hier die Ausnahme und macht mit seinen Marching-Drums, dem Orgelteppich und den vielen Wechseln Spaß.
Gegen Ende bewegt sich "Hero" mit gedämpftem Gitarrenpickings auf den Pfaden der Foals und schraubt sich mit seinen Bläser-Akzenten zu einem satten Finale hoch. In "The Reason I Am Here" entlädt sich die sperrige Verspieltheit im Chorus in einem fetzigen Refrain inklusive tragender Gitarren-Line. Die Jungs beweisen beinahe selbstreferentiell ihre Daseinsberechtigung. In "Make What You Can" wird noch einmal kurz Luft geholt, bevor "Respond To The Feeling" die Platte beschließt. Hier gelingt die Fusion aus neuem Groove und einprägsamen Lyrics im nicht zu altbackenen Popgewand ganz gut.
Die Idee, große Pop-Melodien mit Songs zu verknüpfen, die den Zustand der Nation widerspiegeln, gelingt nur teilweise. Wirklich große Melodien sind rar gesät, die Hälfte des Albums klingt zu angepasst. Smiths "What's that look upon your face? / No, this is not the good old days" aus dem Opener wirkt nach dem ersten Hören proleptisch. Auch nach 17 Jahren steht den Jungs das sperrig-melodiöse Gitarren-Rock-Gewand immer noch am besten.
3 Kommentare mit einer Antwort
Ich muss auch sagen: Die Funk-Elemente hätten mir nicht gefehlt, wenn sie einfach im Proberaum geblieben wären.
Kann ich nur bestätigen, sehr anstrengend das Album.
Finde die Scheibe deutlich besser, als die letzten beiden, arg seichten Ergüsse.
Die Texte sind weiterhin sehr fein aber ich schwelge lieber in den tanzbaren Zeiten