laut.de-Kritik
Indierock mit V-Ausschnitt und Dreitagebart.
Review von David HutzelEin bisschen Kraftklub, ein klein wenig Madsen, Riffs à la Arctic Monkeys für die ambitionierten, internationalen Momente: Auf diesen gesichtslosen Fächer beschränkt sich heute meist das musikalische Spektrum, das die Labels jungen, deutschen Indierock-Bands aufdrücken wollen.
Skepsis ist also angebracht. Seit Jahren wartet man schließlich vergebens auf bahnbrechende Neuentdeckungen. Von vorn herein verteufeln oder doch die lieben Momente im Detail suchen, wie bei Kraftklub?
Mega! Mega! probieren es auf ihrem Debüt "Behalt Die Nerven" mit dem Erfolgsrezept der Chemnitzer: Auf wenige Akkorde beschränkten, von Uptempo-Beats und halb gesprochenem Gesang getragenen Indierock. Im Opener "Es Kann Nur Besser Werden" regt das infektiöse Gitarren-Geschrammel und die einprägsame Hook das Tänzergemüt dann durchaus an. "Kein Mensch, der dich noch versteht / Und täglich ist es verregnet / Niemand will mit dir reden / Es kann nur besser werden."
Den letzten Teil dieses Verses allerdings hätten sich die Wahl-Berliner besser zu Herzen genommen. Von da an fällt die Spannungskurve stetig. Schon das nächste Stück "Behalt Die Nerven" geizt nicht an pubertärem Geschrei und einem stillos mäandernden Auftritt von Rapper Afrob zum Schluss. Überflüssig! Es folgt Phrasenrührerei und ausgelutschte 'als' und 'wie'-Vergleiche ("Unsere Beziehung hat mehr Baustellen als Berlin" in "Pro Anti"). Wenigstens bleibt das Tempo über die ganzen gut 37 Minuten hoch.
Ein bisschen Tanzlust flammt hier und da noch mal auf, besonders, wenn die Gitarren in "Bitte Bitte" tatsächlich ein bisschen an den besagten britischen Indierock der Nullerjahre erinnern. Reime wie "Teenie-Kuss" auf "Tinnitus" kann man ja ab einer gewissen Lautstärke und dank ordentlichem Pegel getrost überhören, betrunken und schwitzend in den "Indie-Bars und -Diskotheken" Berlins. Dort fühlt sich der ursprünglich aus dem Saarland stammende Vierer augenscheinlich wohl. Und genau dahin drängt ihre Musik.
Ohne Zweifel sind Mega! Mega! passable Instrumentalisten. Den Songs fehlt es aber an Alleinstellungsmerkmalen, Brüchen und Besonderheiten. Die Texte sind ganz nett – an den flegelhaften Witz von Kraftklub oder den Zynismus von Adolar reicht Sänger Antonio Tuminelli (trotz seines rotzigen Geschreis) nie heran.
So genügt es vielleicht für einen Auftritt in der Telefonzelle von "Circus HalliGalli" (wie ihn schon die schwäbischen Brüder im Klage Heisskalt erleben durften), doch auch die wenigen guten Momente täuschen dann nicht darüber hinweg: Mega! Mega! sind halt nur eine von diesen vielen Bands mit V-Ausschnitt und Dreitagebart.
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