laut.de-Biographie
Meshuggah
Im schönen schwedischen Städtchen Umeå gibt es 1987 eine recht lebendige Jazz-Szene. Aus deren Umfeld entwickelt sich eine Band namens Metallien, deren Mitglieder auf die Namen Fredrik Thordendal (Gitarre), Jens Kidman (Gesang), Per Sjögren (Schlagzeug), Johan Sjögren (Gitarre) und Jörgen Lindmark (Bass) hören. Irgendwann kommt man auf den Band-Namen Meshuggah und nudelt ein paar Demos ein.
Jens verlässt die Truppe, um unter dem Banner Calipash zusammen mit Basser Peter Nordin und Drummer Niclas Lundgren aufzutreten und da auch noch die Klampfe zu übernehmen. Somit geben Meshuggah 1989 den Löffel ab. Fredrick schließt sich Calipash an.
Der Name bringts aber auch nicht so ganz, denn mit der im selben Jahr erscheinenden "Psykisk Testbild"-EP landet man wieder bei Meshuggah und präsentiert einen Sound, der Vergleiche mit den frühen Metallica zulässt.
Tomas Haake nimmt 1991 den Platz von Niclas an den Drums ein. Mit ihm zusammen veröffentlichen sie "Contradictions Collapse". Die Scheibe setzt in etwa da an, wo Metallicas "... And Justice For All" aufgehört hat und bietet beinharten Thrash-Metal. Kommerziell ist sie aber kaum erfolgreich, da das Label Nuclear Blast nicht in die Gänge kommt, was die Promotion angeht.
Auf der 94er EP "None" verzeichnet die Band mit Mårten Hagström an der Gitarre ein neues Mitglied, da sich Jens nur noch auf den Gesang konzentrieren möchte. "Selfcaged" kommt 1995 heraus, nachdem man unbedeutende Unfälle wie eine abgesägte Fingerkuppe von Fredrick und eine in einer Maschine gequetschte Hand von Tomas überwindet und das Leben wieder in gewohnten Bahnen verläuft. Was immer das bei Meshuggah heißen will.
Schon wenige Monate später erscheint "Destroy, Erase, Improve", mit der die Jungs mit Machine Head auf Euro-Tour gehen. Basser Peter erkrankt allerdings und verlässt die Band. Für ihn springt Gustaf Hielm ein. Touren mit Clawfinger und Hypocrisy verlaufen erfolgreich.
1996 wird es Fredrik zu langweilig. Er bringt sein Solodebüt Fredrik Thordendal's Special Defects mit der Scheibe "Sol Niger Within" unters Volk. Die Platte klingt beinahe noch abgedrehter als alles, das Meshuggah bisher auf die Welt losgelassen haben.
Die EP "The True Human Design" bietet zwar nur einen neuen Song, dafür aber ein paar Remixe und einen Live-Track. Im Gegensatz zu Metallica werden die Schweden aber nicht softer und eingängiger, sondern reiben den Fans mit "Chaosphere" ein bretthartes, technisch versiertes Album unter die Nasen.
Tourtechnisch ergattern sie den Opener-Part für Slayer in den USA, dabei entsteht auch das extrem knorke Video zu "New Millennium Cyanide Christ", das zusammen mit jeder Menge anderem verrückten Zeug 2001 auf "Rare Trax" dem geneigten Käufer ans Herz gelegt wird.
Anfang Herbst 2002 erscheint "Nothing", das den Beweis antritt, dass man von den Schweden wohl nie so etwas Banales wie einen Vierviertel-Takt hören wird. Auch machen sie unmissverständlich klar, dass Härte und Brachialität nichts mit Geschwindigkeit zu tun haben.
Aber bekloppt sind sie immer noch und greifen inzwischen auf achtsaitige Gitarren zurück. Mit Tool geht es in den USA auf Tour, ehe sie nach ein paar Abstechern auf dem Ozzfest zunächst eine kleine Pause benötigen.
Dann trennen sich die Wege von Basser Gustaf und Meshuggah. Sein Ersatz heißt Dick Lövgren und ist auch schon an den Arbeiten zum nächsten Full Length-Player "Catch Thirty Three" beteiligt.
Das Album rotiert ab Ende Mai 2005 und verlangt dem Hörer wieder Einiges an Geduld ab. Wer sich aber über gewisse Längen hinweg arbeitet, bekommt einmal mehr jede Menge krank-geniale Musik geboten. 2006 lassen es Meshuggah relativ ruhig angehen, nur Tomas und Dick geben im November ein paar öffentliche Lehrstunden in Schweden.
Dafür sind sie Anfang 2007 schon wieder daran, neue Songs zu schreiben. Außerdem lassen sie sich bei ein paar Festivals blicken und wollen im November eigentlich mit The Dillinger Escape Plan auf Tour. Die Dates müssen sie allerdings absagen, da sich die Aufnahmen zum neuen Album sonst zu sehr in die Länge ziehen.
Da Tomas die Drums inzwischen wieder live einspielt und nicht programmiert, dauert dies eine Weile. So erscheint "ObZen" zwar erst Anfang März 2008, doch das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Für Ende März steht schon eine ausgiebige Tour im Vorprogramm von Ministry durch die US of A. Während sie in Japan unterwegs sind, schneiden Meshuggah Aufnahmen für eine Live-DVD mit, die Anfang 2010 unter dem Titel "Alive" erscheint. Dabei gibt es an der musikalischen Darbietung nach wie vor nichts auszusetzen, doch ansonsten fällt die DVD recht witzlos aus und wird dem Ausnahmestatus der Schweden kaum gerecht.
Mit dem Album kommen sie ordentlich in der Welt herum und zögern die nächsten Aufnahmen entsprechend hinaus. Drummer Tomas Haake greift derweil die Crucified Barbara-Bassistin Ida Stenbacka ab und schleift sie direkt vor den Traualtar. Mittlerweile eifern mehr und mehr junge Bands dem Stil von Meshuggah nach. Es entsteht das sogenannte Djent-Genre.
Meshuggah selbst schließen sich dem Versuch, immer komplexer und vertrackter zu werden, jedoch nicht an, sondern geben sich auf "Koloss" im März 2012 fast schon nachvollziehbar und eingängig. Jedenfalls in Bandmaßstäben gemessen.
Trotz allem Groove ist natürlich sowohl "Koloss" als auch der 2016 erscheinende Nachfolger "The Violent Sleep Of Reason" ein Batzen, der größtenteils unverdaut wieder ausgeschieden werden muss. Voller sadistischer Freude steckt man ihn sich aber immer gern wieder vorne rein. "Wir streben nicht nach Nettigkeit", meint Drummer Tomas Haake.
Das achte Album spielt die Band live ein. An der Präzision ändert das kaum etwas. Dafür kommt "The Violent Sleep Of Reason" noch ein Stück weit tighter daher als die Vorgänger. Was ganz in der Absicht der Band lag: "Auf den letzten Alben war alles fix, etwas maschinell, etwas zu perfekt. Diesmal fallen die Takes vielleicht etwas weniger perfekt aus, dafür wirkt alles viel lebendiger."
Eine Veränderung ergibt sich auch im Songwriting. Statt den bislang federführenden Gitarristen Mårten Hagström und Fredrik Thordendal übernimmt nun erstmals Basser Dick Lövgren neben Tomas Haake das Schreibezepter. Ein Großteil des Materials stammt diesmal von ihnen. "Er hat ein freieres Verständnis davon, was man tun kann und was nicht. Er kommt von einem 12-Ton-, freiformatigen, jazzigen 'Alles geht'-Background", sagt Haake über seinen Bassisten.
Was Meshuggah nach 30 Jahren im Business antreibt, wie ihre Devise lautet? "Wir streben nach dem, was wir noch von keiner anderen Band gehört haben. Wir versuchen nicht, den durchschnittlichen Metal-Song zu schreiben. Wir versuchen nicht catchy Songs zu schreiben. Wir versuchen nicht, Hits zu schreiben. Wir versuchen, etwas Cooles zu schreiben, etwas, das wir noch nicht gehört haben – und unsere Fans hoffentlich auch nicht. Und das wird schwerer und schwerer, denn mittlerweile gibt es dort draußen so viele verdammt gute Musiker und so viel verdammt gute Musik."
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