laut.de-Kritik
Warm, detailverliebt, fast altmodisch organisch.
Review von Emil DröllMit dem Opener "Days Gone By" machen Midlake schon in den ersten Sekunden klar: Hier bleibt vieles beim Bewährten. Der ruhige Rhythmus, Akustikgitarre, Querflöte und Eric Pulidos warm-raunender Gesang – man erkennt den Midlake-Kosmos sofort. Doch diesmal scheint das Fundament weniger auf Überraschung als auf Kontinuität gebaut zu sein.
Der Titeltrack "A Bridge To Far" ist mit seinem präsenteren Schlagzeug und einer melodischen Steigerung ein Versuch, den Blick über das Bekannte hinaus zu richten. Doch so ambitioniert der Ansatz auch ist, es bleibt spürbar ein Schritt in vertrauten Gefilden.
"The Ghouls" erwacht zu mehr Leben im Vergleich zu den ruhigeren Nummern. Entstanden in einer Phase der Unsicherheit für die Band – so erklärt Pulido. Der Song kanalisiert die kollektive Angst, dass vielleicht irgendwann kein gemeinsames Morgen mehr kommt, und verwandelt sie in einen kleinen Hoffnungsschimmer. In "Guardians" kommt mit der Grammy-nominierten Madison Cunningham endlich ein frischer Farbtupfer dazu. Ihr Gesang durchbricht die sanfte Monotonie des Midlake-Universums – plötzlich wird die Platte durchlässig.
"Make Haste" zieht sich wieder in den Schatten zurück, "Eyes Full Of Animal" blinzelt Neil Young entgegen, charmant, aber zahm. "The Calling" weckt die müden Glieder, während "Lion's Den" in fließenden Piano- und Gitarrenschichten badet. Man verliert fast den Überblick – auf gute Weise. "Within/Without" lässt einen kalt, "The Valley Of Roseless Thorns" schließt ruhig und introspektiv.
Produziert von Sam Evian in Denton, Texas, klingt "A Bridge To Far" warm, detailverliebt, fast altmodisch organisch. Madison Cunningham, Hannah Cohen und Meg Lui verleihen der Platte zusätzliche Textur, und doch: der große Wurf bleibt aus. Midlake wissen genau, wer sie sind – und das ist gleichzeitig ihre Stärke und ihr Hemmschuh.
"A Bridge To Far" ist das musikalische Äquivalent zu einer alten Landstraße: vertraut, malerisch, manchmal holprig – und man weiß jederzeit, wo sie hinführt. Wer Midlake seit Jahren folgt, bekommt hier Trost, Wärme und feine Handwerkskunst. Wer allerdings nach einem neuen Ziel sucht, wird sich wundern, warum die Brücke schon nach der Hälfte endet. Ein schönes, aber zu zahmes Album.


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