laut.de-Kritik

Macht frühestens nach dem vierten Bier Spaß.

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Milky Chance haben eine der steilsten Kurven der deutschen Pop-Geschichte hinter sich. Diese führte straight nach dem Schulabschluss von der ersten Single auf die größten Festivalbühnen der Welt, teilweise zählte man auf ihren Shows 100.000 Fans. Der Song "Stolen Dance" verzeichnet in all seinen Versionen auf YouTube 594 Millionen Aufrufe, Spotify zählt 563 Millionen Streams (Stand November 2019). Einer von sieben Menschen auf dem Planeten könnte das Lied aus Kassel schon mal gehört haben.

Doch der Erfolg fror beim Status 'One Hit Wonder' ein, ein weiterer Top 30-Hit gelang nicht. An der Messlatte "Stolen Dance" kratzen die hessischen Shooting Stars mit "Mind The Moon" nun keinen Moment lang. Mit dem Mond kann man etwas Verträumtes assoziieren. Doch "Daydreaming (feat. Tash Sultana)" hört sich an, als ob jemand während eines Albtraums aus dem Bett plumpst, so ratlos stolpern zuweilen die E-Drums. Den wenigen Text wiederholen Milky Chance bis zum Umfallen. Feature-Gast Tash Sultana klingt hingegen angemessen verschlafen und verträumt.

Man könnte es als einmalige Ehre empfinden, mit den legendären Polit-Kämpfern Ladysmith Black Mambazo zu musizieren. Die südafrikanische Choralgruppe in der zweiten Generation geht mit ihren Backing Vocals in "Eden's House (feat. Ladysmith Black Mambazo)", das fast gänzlich auf Instrumentals verzichtet, leider unter. Milky Chance würdigen die Zulu-Gesangs- und Tanzgruppe in der Abmischung kaum: Heroen des Freiheitskampfs eher unwürdig. Der Track kocht die Platte auf einen zähen Ruhepunkt herunter - und wir reden hier von einem der besten Songs der Platte.

Abzieh-Pop und langweilige Synth-Programmierung, man könnte die Songs wie Aufkleber sammeln - durchgehend gleich formatiert und konventionell. "Fallen" kriegt für ein paar Takte noch die Kurve, entwickelt sich kurzzeitig zur tanzbaren Nummer, fällt dann aber in den allgegenwärtigen Jojo-Hüpfbeat zurück. Alles zieht sich wie Kaugummi. Der Ansatz, in "Long Run" ein bisschen Gospel-Soul-Flavour einzubeziehen, dient als Ehrenrettung, um "Mind The Moon" vor der völligen Eintönigkeit zu bewahren.

Über dem ganzen Dutzend Songs liegt das triste Zeugnis kühler Einfallsarmut und mangelnder Risikofreude, um einen Song mal nicht als abgezähltes 3-Minuten-30-Beat-Gesang-Einerlei zu konzipieren. Auf einem Festival in der Menge könnte dieser Sound nach dem vierten Bier natürlich funktionieren. Milky Chance liefern eine CD ab, die viel Luft Richtung Garten Eden lässt.

Trackliste

  1. 1. Fado
  2. 2. Oh Mama
  3. 3. The Game
  4. 4. Rush (feat. Témé Tan)
  5. 5. Long Run
  6. 6. Daydreaming (feat. Tash Sultana)
  7. 7. We Didn't Make It To The Moon
  8. 8. Eden's House (feat. Ladysmith Black Mambazo)
  9. 9. Scarlet Paintings
  10. 10. Right From Here
  11. 11. Fallen
  12. 12. Window

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