laut.de-Kritik
Melancholie vereint mit musikalischem Frohsinn.
Review von Kai ButterweckTieftraurige Melancholie à la William Fitzsimmons, druckvolle Reibeisen-Kost im Stile von Chuck Ragan oder fokussierte Blicke in den Rückspiegel wie die der Herren Jake Bugg und JD McPherson: Wer sich in der mittlerweile fast völlig überladenen Singer/Songwriter-Branche über Wasser halten will, der muss Extreme liefern.
Mit einer simpel arrangierten Balance zwischen hell und dunkel und dem unaufgeregten Vibe des klassischen Songwritings kommt man heutzutage nicht mehr weit. Der Belgier Milow ist einer der wenigen, die trotz fehlendem Sparten-Image den Weg nach oben gefunden haben. Der 32-jährige Sänger blickt mittlerweile auf zahlreiche ausverkaufte Konzerte und über eine Million verkaufte Alben zurück.
Auch auf seinem neuen, in den Sound City Studios von Los Angeles aufgenommenen Album "Silver Linings" schert sich Milow einen feuchten Kehricht um gehypte Abzweigungen des Genres. Das musikalische Paar Stiefel, das den Belgier in den vergangenen Jahren auf seinem Weg in proppenvolle Clubs führte, erweist sich auch anno 2014 als treuer Begleiter.
Zwar zieht sich bis auf den beschwingten Mutmach-Dreiminüter "Against The Tide" ein inhaltlich durchgehend roter Melancholie-Faden durchs Album, doch im Gegensatz zu vielen Kollegen stellt der Mann aus Borgerhout tieftraurigen Erlebnissen oftmals musikalischen Frohsinn entgegen.
So kommt beispielsweise das eröffnende Flucht-Drama "Learning To Disappear" mit schwungvollen Indie-Anleihen daher, während goldene Stunden ("The Golden Hour") und Kopfschüttel-Momente ("We Must Be Crazy") mit 80s-Pop-Erinnerungen und galoppierenden Country-Einwürfen untermalt werden.
Selbst die ruhigsten Momente des Albums ("Echoes In The Dark", "Mistaken", "Blue Skies") schleichen sich in hellem Lichte durch die Boxen. Immer wieder sorgen Milows klare Stimme, Dur-lastige Gitarren-Themen und eingängige Melodiebögen für Licht im Dunkeln. "Ich bin ein großer Fan von trauriger Musik", sagt der Songwriter. Nun kann man ja Traurigkeit auf verschiedenste Art und Weise ausdrücken. Milow bedient sich dafür gegenpoliger Stimmungen. Gut so.
3 Kommentare mit 4 Antworten
Cool, ich freu mich drauf.
Einige Mitglieder der Red. scheinen es ja immernoch lustig zu finden, Butterwecks morgendlichen Kaffee wahlweise mit LSD oder MDMA zu versetzen (in diesem Fall wohl letzteres...), aber Geschmacksverirrungen wie in dieser Rezension sollten doch auch dem letzten von euch zeigen, dass das dem Mann definitiv nicht gut bekommt!
Ich schwöre: nur kakao und gauloises. was anderes tu ich mir morgens nicht an
Ich war nur etwas entsetzt, da wir geschmacklich wirklich häufiger konform gehen - aber er hier geht bei mir gar nicht
Denkst du. Frag mal die Kollegen, die aus dem Staunen darüber, dass du dich eine geschlagene halbe Stunde mit der Büropflanze unterhalten hast, nicht mehr raus kommen.
ich find, der macht dat ziemlich gut.
Das Album ist wirklich deutlich besser, als ich ihm zugetraut hätte. Besonders der Opener ist gelungen!