laut.de-Kritik
Mighty Mos liefert einen Lieblings-Track nach dem anderen.
Review von Dani Fromm"Def on the speak, Epik on the beat." Manche Rückmeldungen bedürfen keiner großen Worte. Offenbar fand der Boogie Man zwischen all seinen schauspielerischen Aktivitäten doch ein wenig Zeit, um ein Studio aufzusuchen. Prima, nicht zuletzt Defs Auftritt mit seinem bissigen Freestyle "Katrina Clap" schürt die Hoffnung, dass hier dem allzu oft sinnentleerten Rap-Biz wieder ein wenig Gehalt zugeführt werden könnte.
Getragen, aber doch keineswegs unflüssig rappt sich Mos Def durch "True Magic". Den Druck liefern wuchtige Bässe; zerfahrene Streicher und Fanfaren umrahmen eine Sprachgewalt, wie man sie nicht an jeder Straßenecke findet. "Undeniable"! Hier ist einer der alten Meister des Reimsports am Werk: Um diesen Eindruck zu hinterlassen, braucht Mos Def keinerlei Zungenakrobatik. Ihm genügt das scharfe Schwert des richtigen Worts zur rechten Zeit.
Genre-Puristen, die sich zurück in die Oldschool träumen, macht Mighty Mos einen dicken Strich durch die Rechnung. Unüberhörbare Einflüsse aus der jamaikanischen Volksmusik, der Blütezeit von Spax und Motown, Synthie-Kraftpakete wie im Killerbeat zu "A Ha" und gelegentliches Abgleiten in Gesang muss schon abkönnen, wer an "True Magic" seine Freude haben will. Zwischen der aufwändig-süßlichen Orchestrierung von "U R The One" und den finsteren Akkorden von "Thug A Drug" liegen nur Sekunden. Mos Def macht ein angenehmes Sich-Einigeln in gedankenloser Apathie unmöglich, nur um einem im nächsten Moment im Singjay-Style von "Crime & Medicine" seine Vorstellung von "Boogie Man-Music" um die Ohren zu hauen.
Gitarre, Bläser und ein unerreicht cooles Bassthema begleiten Defs unermüdlich voranleiernde Zeilen in "Napoleon Dynamite". Wenn das ein Sample ist, möge man mir bitte die Quelle verraten. In knappen Zeiten erhält schließlich nicht jeder daher gelaufene Online-Redakteur ein Rezensionsexemplar mit Booklet. Ein Umstand, unter dem ich mir eine Zuordnung der abwechslungsreichen, fast durchweg exzellenten Beats gediegen verkneife.
Funky Bläser, eine einsame Trompete, Panflöten und endlos ausklingelnde Glöckchen veredeln "Sun, Moon, Stars" zu einem überaus angenehmen Hörerlebnis. Fies dagegen: der oftmals für Unbehagen und Beklemmung sorgende Kontrast zwischen hoch klimperndem Piano und tiefen Basselementen in "Murder Of A Teenage Life": Erbarmungslos wiederholte Takte verdeutlichen die Ausweglosigkeit: "No joke, no game."
Mir fehlt der ein oder andere Höhepunkt in den gleichförmig vorgetragenen Reimen. Abgesehen davon erweist sich Mos Def als wahrer Meister der Verbindung von Inhalt und Flow, der um den Wert seiner Wurzeln und die Herkunft seiner Kunst weiß. "Fuck what you heard, believe what you want." "Fake Bonanza" bezaubert mit warmem Basslauf und Melodiereichtum. In "Dollar Day" lässt Mos Def einmal mehr seinem Unmut über unhaltbare Zustände freien Lauf: Katrina wird der Bush-Regierung, die sich in dem Zusammenhang nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, wohl noch einige Zeit schmerzhaft um die Nasen wehen.
Die nur aus Refrain bestehende Mitsing-Nummer "There Is A Way" passt mit ihrem elend hippieesken Charakter eher zum Ende einer Live-Show denn in die Mitte eines Studio-Albums. Abgesehen davon liefert Mos Def Hip Hop-Heads, die den Bezug zum Soul nicht verloren und die verwandtschaftliche Nähe zum Reggae auf dem Schirm haben, einen Lieblings-Track nach dem anderen - und das, obwohl man den großen Meister gelegentlich bei den Schultern packen, schütteln und um ein wenig mehr Begeisterung, Zorn oder sonst eine Gefühlsregung in seinen Zeilen anflehen möchte. Bei der wahrhaft berührenden Gesangseinlage in "Lifetime", das vollgepackt mit rhythmischen Kunstgriffen und den Geräuschen einer ganzen Lebensspanne einen ebenso poetischen wie würdigen Schlusspunkt setzt, klappt das schließlich auch.