laut.de-Kritik
Ein 'neues' Album um David Bowies "Heroes".
Review von Giuliano Benassi"Es wird keine neuen Platten mehr geben" kündigte Schlagzeuger Mikkey Dee am 29. Dezember 2015 an, einen Tag nach dem Tod von Frontmann Lemmy. Die Begründung leuchtete ein: "Lemmy war Motörhead". Ein halbes Jahr später erschien dann schon der dürftige Livemitschnitt "Clean Your Clock", im September 2017 das vorliegende Album. Hat Dee also sein Wort gebrochen?
Nicht wirklich, denn die Veröffentlichung des Konzerts in München im November 2015 war wohl schon vor Lemmys Tod geplant worden. Auch das vorliegende Album enthält kein posthum aufgenommenes Material, wohl aber ein paar bislang unbekannte Stücke.
Als Angelpunkt dient David Bowies "Heroes", das Motörhead während der Sessions zu ihrem letzten Album "Bad Magic" (2015) aufnahmen. Die Version ist naturgemäß um einiges lauter, lehnt sich aber deutlich an das Original an. Campbell spielt so gut wie möglich Robert Fripps prägendes Riff nach, kann sich aber auch ein Solo nicht verkneifen. Lemmys Stimme klingt ungewöhnlich klar. Letztlich ist es eine Hommage an beide, da Lemmy und Bowie im Abstand von zwei Wochen voneinander starben.
Die restlichen Stücke als Füllmaterial zu bezeichnen, wäre ungerecht, doch bleibt ein schaler Geschmack zurück. Motörhead haben im Laufe ihrer Karriere Dutzende Coverversionen aufgenommen - warum also nur diese elf auswählen?
Die trashige Version von "Stand By Your Man" von 1982 mit Wendy O. Williams hätte Lemmy sicherlich mehr bedeutet als Rainbows "Starstruck". Phil Campbell als Ritchie Blackmore hört sich auf dem Papier fast so absurd an wie Lemmy als Ronnie James Dio, doch leider ist es nicht wirklich ein Motörhead-Cover, da Billy Byford von Saxon das Mikrofon übernahm.
Ansonsten versucht sich das Trio an technisch leichterer Kost. Einige Stücke erschienen auf Tribute-Alben, darunter "Breaking The Law" (Judas Priest), "Rockaway Beach" (Ramones) und "Shoot 'Em Down" (Twisted Sister), während "God Save The Queen" (Sex Pistols), "Hellraiser" (Ozzy Osbourne, aber aus der Feder Lemmys), "Cat Scratch Fever" (Ted Nugent) oder "Sympathy For The Devil" (Rolling Stones) bereits auf eigenen Releases zu hören waren.
Ein Sonderfall ist Metallicas "Whiplash", für das Motörhead 2005 einen Grammy für die "Best Metal Performance" erhielten. Ein Umstand, der Lemmy ganz schön anpisste, denn ihre bis dahin 17 eigenen Studioalben waren stets außen vor geblieben. Die wichtigste Ehrung des Musikbusiness ausgerechnet für eine Coverversion zu erhalten, klang schon nach Verarschung.
"Die Marke überlebt, und Lemmy lebt in unseren Herzen weiter", beendete Dee damals sein Statement. Vermutlich können wir noch mehr Platten im Sinne von "Marke" erwarten. Die noch lebenden Ex-Mitglieder haben zu ihrem Glück auch so zu tun: Dee ist 2016 bei Scorpions eingestiegen, Campbell arbeitet mit seiner Begleitband The Bastard Sons an einem Soloalbum, das 2018 erscheinen soll.
2 Kommentare mit einer Antwort
Noch nie ein grosser Freund von Cover-Alben gewesen.
Wird boykottiert möchte Lemmy nicht so in Erinnerung behalten.
Trotzdem ungehört 5/5 versteht sich!
Für so altmodische Menschen wie mich, die noch Alben physisch besitzen, uninteressant. Hab schon alles von Motörhead. Die "Heroes"-Version ist okay, aber ein Album drumrum hätte es nicht gebraucht. Ich hoffe nur, dass nicht irgendwann doch noch grauselige Archivaufnahmen zu einem "neuen" Album zusammengestückelt werden. Die Geschichte lehrt uns aber, dass dem zu 99% so sein wird.