laut.de-Kritik

Kunterbunter Ballonregen aus Pop, Soul und R'n'B.

Review von

"I ain't leaving my bed / I don't wanna wake up already", singt Nabiha in "Deep Sleep". Ich glaube dieser Frau kein Wort. Wie ein tasmanischer Teufel wirbelt sie aufgeregt und ohne Luft zu holen zwischen ihren Songs hin und her. An Schlaf ist gar nicht zu denken.

"More Cracks" bringt die Dänin mit der niedlichen Zahnlücke samt charakteristischem Lispeln nun auch zu uns. Dabei markiert das Album nur eine kleine Weiterentwicklung zu ihrem Debüt. Ein paar Lieder sind neu, einige andere fehlen. Aber das Gerüst bleibt dasselbe.

Neu kommt der Opener "Sound Of My Gun" dazu, ein ziemliches Brett. Geschickt und basslastig spielt die Sängerin mit dem Grundmotiv des Aerosmith-Hits "Janies's Got A Gun". Gleichzeitig legt der Song die Latte für den weiteren Verlauf von "More Cracks" verdammt hoch.

Doch vorerst irritiert das Nabiha nicht im geringsten. Sie mischt munter und voller Lebensenergie Soul, R'n'B und Pop. Das nah an Janelle Monáe anlehnte "Trouble" steht "Sound Of A Gun" in nichts nach. Alles schreit schon jetzt nach einer Höchstwertung für "More Cracks". "Deep Sleep" und "The Enemy" gleichen einem kunterbunter Ballonregen aus Pop. Wenn man schon kopfüber in den Mainstream-Pool eintauchen möchte, dann bitte so.

"More Cracks" birgt eine unermessliche Dynamik in sich. Fast kein Wunder, dass diese nicht durchgehalten wird. Nach "The Enemy" geht es leider langsam aber spürbar bergab. Der Spagat zwischen Klasse und schnöder Effekthascherei mag nicht mehr recht funktionieren.

Krassen Widerspruch zu den ersten Stücken bilden "Cracks In The Concrete" und "You". Mitsingbefehl will Einfallslosigkeit kaschieren. Refrain nur der Pflicht wegen. Tracks, wie für die Hölle des Eurovision Song Contest geschaffen. Solche Anbiederungen an den gängigen Radioschlonz hat Nabiha doch eigentlich nicht nötig. Zudem versteckt sie ihre gute Stimme zunehmend hinter Auto-Tune. Warum? Ich verstehe es nicht. Sie kann doch singen!

Erst mit dem Elektro-Schocker "Computer Love" und "Midnight Blues", das zum ersten Mal die Geschwindigkeit drosselt und an Nneka oder Y'akoto erinnert, findet Nabiha wieder in die Spur zurück.

"More Cracks" zeigt ein Two-Face zeitgemäßer Soul-Pop-Musik. Ein großer Riss entsteht zwischen beiden Hälften. Begeistert die erste noch, gleicht die zweite zeitweise einer persönlichen Beleidigung. Bleibt zu hoffen, dass sich Nabiha in Zukunft auf ihre gute Seite konzentriert. Ganz ohne Münzwurf.

Trackliste

  1. 1. Sound Of My Gun
  2. 2. Trouble
  3. 3. Deep Sleep
  4. 4. The Enemy
  5. 5. Sneaking Out The Backdoor
  6. 6. Never Played The Bass
  7. 7. Cracks In The Concrete
  8. 8. You
  9. 9. Can't Do Anything
  10. 10. Computer Love
  11. 11. Boomerang
  12. 12. Midnight Blues

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LAUT.DE-PORTRÄT Nabiha

Nabiha Bensouda, die Frau mit dem unglaublichen Afro und der munteren Zahnlücke, wurde 1984 als älteste von sechs Geschwistern in Kopenhagen geboren.

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