laut.de-Kritik
Diese Musik erinnert an das Beste vom Sommer.
Review von Paula FetzerSechs Jahre lebte der Schwede David Josephson, der Mann hinter Nervous City Nervous Self, in Berlin und beschloss dort den Start seines Musikprojekts. Zurück in der Heimat angekommen, zog er von seiner Geburtsstadt Stockholm aufs Land und setzte sich an sein Debütalbum "The Early Fears", auf dem er den Hörer auf eine Reise mitnimmt. Es geht um das Erwachsenwerden mit all seinen Facetten, Josephson blickt in jede Ecke der Gefühlswelt. Sieben der zehn Songs veröffentlichte er bereits über die letzten vier Jahre hinweg als Singles, deren Artworks den Klang seiner Musik widerspiegeln.
Seine Kompositionen erinnern an das Beste vom Sommer: Ohne unerträgliche Hitze, dafür mit lauen Abenden und tiefgründigen Gesprächen. Beim Hören drängt sich die Vorstellung auf von einem Spaziergang am Strand oder von Abendstunden in einer Großstadt, in der der Trubel langsam versiegt.
Schon beim Opener "Anthem" schließt man instinktiv die Augen. Er strahlt Ausgeglichenheit aus und verhilft an aufreibenden Tagen zur Ruhe. Nicht nur der beruhigende, echoende Gesang, auch der minimalistische Syntheinsatz lädt zum Entspannen ein. Gleichermaßen verhilft "Anthem" zu einem guten Start in den Tag, optimistische Zeilen wie "I will reach my goal and I'm further than you'd know" bieten sich als motivierendes Mantra an. Einzig das Ende, in dem ein Synth zu etwas hin aufbaut, dann aber ins Leere verläuft und auch vom nächsten Track, "Stories Of Our Names", nicht aufgegriffen wird, wirkt fehl am Platz.
Stattdessen geht es auf "Stories Of Our Names" mit einer E-Gitarre weiter, die Erinnerungen an Death Cab For Cutie hervorruft. Wie die Indierocker begibt sich der Singer/Songwriter auf dem gesamten Album auf eine Gratwanderung zwischen Fröhlichkeit und Melancholie, arbeitet aber viel mehr mit elektronischen Sounds. In den Lyrics dieses Liedes gewinnen die Aufbruchsstimmung und der Mut, Neues zu wagen, die Oberhand: "And all the birds are flying low / It's a sign that somewhere far from home / There's a place where life goes on and on", ermutigt er den Hörer zur Entdeckung neuer Orte.
Auf "G-d Knows What" wird es nach dem ruhigen "Pool Of Me" wieder dynamischer, trotzdem hetzt das bis zur Bridge durchgehende Klatschen, das den Takt vorgibt, nicht. Gegen Ende leitet ein Synthesizer zum Klavier über, das im Outro von fast einer Minute aber um einiges zu lange ausklingt.
Eine Kehrtwende leitet Josephson mit "Steel Blue" ein. Das Klavier und Glockenspiel verdrängen die größtenteils unbeschwerte Stimmung von zuvor. Erstmals vermittelt er kein rundum-Wohlfühl-Feeling, sondern gibt sich der Schwere und dem Unbehagen hin. Mit dem Umschwung kommen andere Stimmen im Hintergrundgesang hinzu. Das Düstere setzt sich in "The Sun" fort, in dem seine Stimme und die dominanteste Synthspur tiefer als sonst erklingen. Im Refrain hat der Track dann jedoch wieder etwas Friedliches, Umarmendes.
"Yesteryears", das der schwedische Musiker 2021 noch als "Yesteryears (And The Gloom)" vorab veröffentlichte, beginnt mit einer Akustikgitarre. Die spielt letztendlich doch nicht so eine prominente Rolle, wie man im ersten Augenblick annimmt. Verschiedene Beats lenken den Song, so richtig stimmig ist dieser allerdings nicht. Den Wunsch nach einem Stück mit mehr Akustikgitarre erfüllt "Before Summer". Scheinbar erahnte Josephson, wonach sich der Hörer sehnen würde. Warum er es dennoch hinauszögert, bleibt unklar.
Trotz allem macht er "Yesteryears" mit dem bittersüßen Stück wieder wett. "Our hearts are not broken yet / In time we will face the pain / In time we will even forget", trägt er in aller Sänfte vor. "Before Summer" markiert nicht nur das Ende des Albums, es klingt auch wie ein sich dem Ende neigender Tag, den man am Strand ausklingen lässt. Ein leichtes Lüftchen weht, Möwen kreisen am Himmel und man akzeptiert das Leben so, wie es ist - die abschließende Message der Platte.
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