laut.de-Kritik
Haben sich Wave und Techno doch noch was zu sagen?
Review von Daniel StraubAls Front 242 ihre Singles "Quite Unusual", "Masterhit" und "Headhunter" veröffentlichen, hört nicht nur die Wave- und Gothic-Szene ganz genau hin. Die soundtechnisch präzise Detailarbeit in Verbindung mit einem bedingungslosen Tanzflächegrooves begeistern auch die frühen House- und Techno-DJs. Befruchtungen dieser Art liegen aber 25 Jahre zurück und sind heute kaum mehr vorstellbar. Zu zäh klebt der Future-Pop-Kleister vielen Schwarzkitteln in den Ohren. Die französische Formation will das mit ihrem Album "Fascinated By The Chaos" ändern.
Ein ambitioniertes Unterfangen, hält man sich vor Augen, dass sich die beiden einstmals musikalisch eng verbundenen Szenen seit Jahren auseinander gelebt haben. Die Technoproduzenten wandten sich nach einem kurzen Flirt mit Electro (Miss Kittin lässt grüßen) zunächst Minimal, später deepen Tönen zu. Im gleichen Zeitraum dominierte und lähmte Future Pop die Wave-Szene. Aufgrund seiner trancig-kommerziellen Ausrichtung schaffte er jedoch zu keinen Zeitpunkt den Crossover in den Techno. Es blieb ein Gefühl der Entfremdung.
Nomenklatür könnte es gelingen, in beiden Lagern ernst genommen zu werden. Zum einen verweisen die beiden Franzosen Olivier Brucker und Olivier Rossi bei der Frage nach frühen Einflüssen gerne auf New Wave, EBM und Industrial. Zum anderen haben sich mit Techno Mitte der 90er Jahre eine neue musikalische Heimat gefunden und machen sich seit der Gründung ihres gemeinsamen Projekts Nomenklatur daran, in die Fußstapfen von französischen Acts wie Miss Kittin & The Hacker, Terence Fixmer und David Carretta zu treten.
Auf dessen Label Space Factory veröffentlichten sie 2009 ihr erstes, noch stark Electro-geprägtes Album "Gifts Of Ages". Mit "Fascinated By The Chaos" gehen sie nun einen Schritt weiter und emanzipieren sich vom Erbe der oben genannten französischen Produzenten. Deutlich dunkler, verlangsamter im Tempo und dank der zahlreichen analogen Gerätschaften, die Eingang in den Produktionsprozess gefunden haben, gleichzeitig auch wärmer, fällt ihr jetziges Release "Fascinated By The Chaos" aus.
Auch die die weiblichen Gast-Vocals beim Opener "It's All In The Air" und dem Schlusstrack "That's All" tragen ihren Teil zum Reiz des Albums bei. Am Ende bedienen die beiden Franzosen mit ihrer Mischung aus atmosphärisch dichten und produktionstechnisch ausgefeilten Underground-Tracks für die Tanzfläche zwei unterschiedliche Hörerschaften: Den songverliebten Waver und den an funktionale Sounds gewöhnte Technohörer.
1 Kommentar
Geiles Album. Kann man gut drauf abtanzen.