laut.de-Kritik

Mit mittelmäßigem Schulenglisch haben sie es weit gebracht.

Review von

Warum krampft sich Andreas Kubat, Sänger und Mastermind von Northern Lite, nun bereits seit 16 Jahren in einer Sprache ab, in der seine Reime und seine Aussprache bis heute gerade einmal mittelmäßiges Schulniveau erreichen? Erwartet er nach all den Jahren noch den großen internationalen Durchbruch? Oder dient dies als schützende Barriere zu seinen Zuhörern? Verse, die kaum Dieter Bohlen-Niveau übersteigen, müssen doch nun wirklich nicht sein.

Selbst Siebtklässlern dürften sich bei Zeilen wie "I wanna see what's in your head / (...) It may be good / It may be bad" ("Visual Effects") oder "Playing my guitar / Whisky in the jar" ("Regret") die Fußnägel kräuseln. Warum versucht es Kubat nicht einfach mal auf Deutsch? Seine markante Stimme dürfte sogar sehr gut zur eigenen Landessprache passen. Wobei der Text des Bundesvision Song Contest-Beitrages "Enemy" nahe legt, dass das Ergebnis auch nicht sonderlich besser ausfällt: "Meine Liebe ist mein Albtraum / Ich kann mich nicht von ihr befreien / Vielleicht kann ich sie vergessen / Und eines Tages ihr verzeihn."

Leider gleicht sich die Musik der Erfurter auf "Memory Leaks" den Texten an. Im Grunde wurde alles, was die hier versammelten Stücke musikalisch bieten, an anderer Stelle bereits deutlicher ausgedrückt. Ein weiteres Ärgernis stellt Frithjof Rödels unausgereiftes Gitarrenspiel dar. Mal klingt er wie ein junger Robert Smith ("Night") und weiß die Stimmung der einzelnen Tracks zu unterstützen. Im nächsten Moment schrammelt er in "London" oder "The World Turns" fantasielos und aufdringlich minutenlang seine Vierviertel herunter, wie ein Junge, der gerade seine ersten Wochen Gitarrenunterricht hinter sich gebracht hat. Man sollte Lieblosigkeit keinesfalls mit Minimalismus verwechseln.

Seine Restenergie zieht "Memory Leaks" aus sphärischen elektronischen Momenten. Das eben noch geschmähte "The World Turns" verbindet breite Synthesizerflächen und wabernden Bass mit einer eingängigen Melodie. Das schemenhafte und sich über sieben Minuten lang hinziehende "Stars", für dessen Musik und Lyrics ausnahmsweise nicht Kubat, sondern Keyboarder und Mitproduzent Sebastian Bohn und Martin Pfützenreuther zuständig waren, nimmt langsam an Dringlichkeit und Spannung zu.

Sobald danach jedoch "If" einsetzt, verdeutlicht sich ein weiteres "Memory Leaks"-Problem. Zu ähnlich klingen die einzelnen Tracks, um wirklich bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Einzig das mit Bläsern und akustischer Gitarre angereicherte "Regret" und der zu aufdringliche Start mit "One You Need" stechen noch aus dem Einheitsbrei heraus.

Die kreative Luft zum Atmen scheint nach neun Studioalben und unzähligen Remixen für Rammstein, Peaches, Yello und Schiller dünn zu werden. Für Longplayer Nummer zehn benötigen Northern Lite dringend eine Neujustierung.

Trackliste

  1. 1. One You Need
  2. 2. The World Turns
  3. 3. Night
  4. 4. Let's Run (Trough The Night)
  5. 5. Visual Effects
  6. 6. We All Are Dancing
  7. 7. Regret
  8. 8. London
  9. 9. Stars
  10. 10. If

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Northern Lite

Thüringen steht in den 90ern nicht gerade im Ruf einer Elektro-Hochburg. So finden die ersten musikalischen Gehversuche von Sebastian Bohn und Andreas …

11 Kommentare mit 9 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    wieso muss sich alles eigentlich immer reimen?

    • Vor 10 Jahren

      Der Reim ist des Gedichtes Zier,
      das Reimen ist des Dichters Kunst,
      drum ist es schlimm, wenn man - wie hier -
      mit Schwachsinn ein Gedicht verhunzt.
      Gruß
      Skywise

    • Vor 10 Jahren

      ja aber mal ehrlich ^^
      ich mein, wieso gibt's heute kaum noch ... wie heissen diese Reime. Stegreime?
      Wo halt die Anfangsbuchstaben immer gleich sind wie "milch macht müde Männer munter"
      das einzige wo es das heutzutage aktuell oft noch gibt ist bei Eluveitie in "alten Liedern" ... alte Texte eben.
      why?

    • Vor 10 Jahren

      Och, das gibt's schon noch. Es gibt sogar - man soll's nicht für möglich halten - gereimte Texte inkl. Stabreim, mit durchdachtem Versmaß und einer Aussage. Umgekehrt gibt's auch Lieder, bei denen der Text völlig frei von Formen oder Reimen ist, teilweise sogar frei von vernünftigen Inhalten - und die trotzdem gut kommen. Es gibt sogar Lieder, die von Interpreten gesungen werden, die nicht mal annähernd so was Ähnliches wie eine Sprache besitzen, beispielsweise kommen die aus der Ecke von St. Gallen oder so ...
      Wenn man aber Texte schreibt mit dem Vorsatz "Hauptsache, der Sänger hat irgendwas zum Artikulieren, 'La la la' ist zu billich" oder die Bohlen'sche Textbaustein-App für seine Lyrik heranzieht, wird man bei den Nominierungen für den nächsten Literatur-Nobelpreis wahrscheinlich auch wieder übersehen werden.
      Gruß
      Skywise

    • Vor 10 Jahren

      och, dass sich nicht immer alles reimt usw. weiss ich (und schätze ich auch).
      Reine Stabreimlyrik kommt mir persönlich halt nur gefühlt so selten unter den Radar. Aber ich glaub dir da mal einfach.

  • Vor 10 Jahren

    ... also das die "Go with the flow" verwurstet haben, nehme ich denen irgendwie immer noch übel ... neben der Musik die die sonst fabrizieren...

  • Vor 10 Jahren

    die waren schon immer kacke, songwriting für sprach anfänger

  • Vor 10 Jahren

    Niedlich. Die Fan-Basis meckert. Für die Postings gab's wohl 'ne handsignierte Promo oder 'nen Backstage-Besuch? ;)

  • Vor 10 Jahren

    Ich habe vielleicht nicht Musik studiert! Aber lieber Herr Kabelitz: Ich weiß wirklich nicht, aus welcher Schublade Sie ihre Bewertung herausgezogen haben! Aber bei Ihren dämlichen und nichtssagenden Aussagen schüttel ich mich einmal kurz, lache Sie einmal kräftig aus und weiß, dass Sie wirklich viel weniger Ahnung von Musik haben als ich! Ich begleite diese Band schon seit weit über 10 Jahren! Sie haben Northern Lite wahrscheinlich bis jetzt nur gehört! Aber ich habe Northern Lite verstanden! Macht weiter so Jungs! Und lasst Euch von so einem Luftikus, so einer erbärmlichen Witzfigur (Sorry, dass ich mit meinen Aussagen hier so unter mein Niveau gehe, aber ich kann nicht anders) Eure unerschöpfliche Kreativität nicht nehmen! Eure Musik hat einen extremen Suchtfaktor! Memory Leaks ist neu! Memory Leaks ist anders! Memory Leaks ist aber wieder einmal der Oberhammer! Eure Entwicklung beeindruckt mich, fesselt mich und lässt mich nicht mehr los! Egal, ob ein Tag gut ist oder schlecht, egal, ob ich traurig bin oder voller Freude: Eure Musik passt sich immer meinem Gemütszustand an! Sie ist voller Leben! Ohne Starrsinn, mal ganz leicht und schwerelos, mal ganz schwer und voller Tiefsinn! Ich liebe und verehre Euch! Gruß Tobias Zapel aus Hamburg

  • Vor 8 Jahren

    EDie Welt dreht sich rechtsherum. Marmelade ist süß. Und ich höre was mir gefällt. Wie käme ich dazu mein Urteil über anderer Fleiß auszugießen?! Lecken,schmecken... Mondgesicht verstecken. Und mir noch einen schönen Abend.