laut.de-Kritik
Es geschehen noch Wunder in Hollywood.
Review von Stefan JohannesbergWer kennt sie nicht, die weihnachtlichen Soundtracks der amerikanischen Fernsehserien, die glatt gebügelten christlichen Schmalz-Orgien des dummen Durchschnitts-Amis aus der Vorstadt. Sie sind meistens oberflächlich kitschig bis zum Erbrechen und versprühen den Charme einer weißen Baptistenfamilie. Der musikalische Reiz endet spätestens bei der x-ten Version von "Jingle Bells". Bis jetzt hätte ich nicht gedacht, dass es auch Ausnahmen geben könnte. Doch es geschehen noch Wunder in Hollywood, denn unsere geliebte Alltagsheldin und Anwältin aller gescheiterten Beziehungen, Ally McBeal, bietet uns Besinnliches und Erotisches zum Fest der Liebe.
Calista Flockhart alias Ally McBeal spielt in der gleichnamigen Serie eine Anwältin, die die skurrilsten Situationen in Beruf und Privatleben meistern muss. Immer nahe am wirklichen Leben und voller Menschlichkeit bringt sie etwas Wärme in den tristen TV-Alltag. Und auch mit ihrer Christmas-CD setzt sie diese Stimmung gekonnt um. Kräftig unterstützt wird sie dabei von Vonda Shepard, die auch die ersten beiden Ally McBeal-Soundtracks schrieb und in der Serie mitspielt. Sie ist Pianistin in der Stammkneipe von Allys Kanzlei und immer nach getaner Arbeit finden sich die Anwälte in der Bar ein, um Vondas Musik zu lauschen und zu tanzen. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Stücke schon in McBeal-Folgen zu hören waren. Als absoluter Hammer ist hier Calista Flockhardts Version von Santa Baby zu nennen, die sie als Ally McBeal im sexy Weihnachtskostüm gesungen hat. Wer da keine heißen Gefühle kriegt, der wird wohl auf ewig Single bleiben.
Den größten Part auf der Platte hat aber Vonda Shepard selbst. Ihren Interpretationen von Klassikern wie "This Christmas" oder Let it snow, Let it snow" verleiht sie Seele und Tiefe, so dass sie wie "ganz normale" Songs daher kommen. Als Gaststars sind zum Beispiel Macy Gray und Robert Downey Jr. dabei. Macy liefert mit ihrer einzigartig rauhen Stimme ein herausragendes Cover von "Winter Wonderland" ab. Koksnase Downey Jr., der auch in der Serie auftritt, beweist bei der Ballade "River" von Joni Mitchell seine Gesangsqualitäten. Gehört haben muss man ebenfalls "I saw Mommy Kissing Santa Claus" im Original von den Ronettes, welches eine Sixties-Doris-Day-Stimmung kreiert.
So strahlt das Album eine ähnlich sympathische Atmosphäre aus wie die Fernsehserie. Man kann mit Ally sein Weihnachten stilgerecht untermalen und dem Fest der Liebe wieder ein wenig mehr von seiner ursprünglichen Romantik verleihen. Alle, die jetzt Vondas bzw. Allys Blut geleckt haben, können bei den voran gegangen Soundtracks ebenso bedingungslos zugreifen.
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