laut.de-Kritik
Geradlinige Streichersequenzen, monumentale Choräle und zu wenig Enya.
Review von Pascal JürgensPrima. Schon bevor der erste Teil des legendären Epos "Der Herr Der Ringe" hierzulande am 20. Dezember in die Kinos kommt, dürfen wir den dazugehörigen Soundtrack vernehmen. Und da man schon mal die Gelegenheit hat, kann man sie ja eigentlich gleich nutzen, um sich den Film ein wenig vorzustellen. Denn der Hauptzweck eines jeden Soundtracks ist immer noch die stimmungsvolle Untermalung der Handlung.
Sieht man von den Ausnahmen in Action- (Matrix) oder Gangsterfilmen (The Wash) ab, verlassen sich die zuständigen Soundproduzenten fast immer auf klassische Musik. Sei es nun Strauß zu "2001 a Space Odyssee" oder das partiell geklaute "Aus der neuen Welt" von Dvorak in der Musik zur ersten Episode von Star Wars: Ohne Streicher geht es nirgendwo.
Demnach setzt auch der Herr der Ringe ganz auf gestrichene Emotionen. Im Gegensatz zu den schon bestehenden Werken hat diese Komposition jedoch einen durchweg modernen Anstrich. Sowohl die Harmonien als auch die Technik zeugen davon, dass hier der Zweck wichtiger war als die Kunst an sich: Pointierte Violinensalven, ungewohnte Dynamik und das Fehlen jeglicher Ordnung sind weitere Indizien.
Zudem findet man vielerorts sehr geradlinige Streichersequenzen und monumentale Choräle, dies deutet daraufhin, dass in der Handlung in diesen Momenten nicht gerade kolossale Massenschlachten, sondern filigrane Dialoge zum Zuge kommen. Als Thema manifestiert sich die Melodie aus "The Ring Goes South", die sehr eingängig ist - allerdings erinnert sie sehr an typische Fantasy-Klischees: Der eine oder andere Kenner des Computerspiels "Baldur's Gate" wird die Melodie sofort wiedererkennen. Kein Qualitätsmerkmal also.
Was die Bonbons "The Council Of Elrond" und "May It Be" angeht: Der Beitrag von Enya zum Film dürfte sich auf den Abspann beschränken, denn die beiden Songs der Scheibe sind weder besonders spektakulär, noch quantitativ von Bedeutung.
Als Filmmusik ist das Material also durchaus geeignet, die eine oder andere Träne hervor zu locken. Und selbst wenn der Film nicht so besonders ist, mit Klischees nur so um sich wirft, dabei die Hälfte aller Details aus dem Buch vergisst oder verändert; am Ende (sprich: "The Breaking Of The Fellowship") wird man doch wieder schweren Herzens aus dem Kino gehen, sich wünschend, es wäre schon ein Jahr später, und "The Twin Towers" machten sich bereit die offenen Fragen zu klären.
Selbst mir als absolutem Fan des Buches jedoch ist dieser Soundtrack zu nichtssagend. Die Melodien sind austauschbar und nicht besonders innovativ, die Features von Enya passen zwar zur Thematik und sind recht stimmungsvoll, fallen aber viel zu wenig ins Gewicht. Da kaufe ich mir doch lieber die englische Ausgabe des Buches mit dem schicken schwarzen Cover (ich hab ja erst drei Versionen).
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