laut.de-Kritik
Kuba light für Freizeit-Salsaisten und -Merenguitos.
Review von Alexander CordasIch kann mich noch genau erinnern, wie seinerzeit das Dirty Dancing-Fieber grassierte. Unschuldige junge Männer mussten - von ihren Freundinnen gezwungen - im Schweiße ihres Angesichts unsägliche Minuten im Kino ausharren. Ein schmalziger Patrick Swayze schmiegte sich dort an ein hässliches Entlein von Frau und brachte ihr bei, wie sie ihr Geschlechtsteil am geschicktesten am Bein eines Mannes reiben kann. Das nannte sich "Dirty Dancing".
Die Mädels fanden das klasse, während unsereins mehr damit beschäftigt war, auf die Uhr zu schauen, wann die auf der Leinwand denn endlich ausgetanzt hatten. Tanzfilme waren damals schwer angesagt. "Flashdance", "Footlose", "Strictly Ballroom" und wie sie alle hießen, hatten neben der schwachmatischen Handlung noch eine Gemeinsamkeit. Sie setzten mit ihren Soundtracks Trends.
Der Plot des zweiten Teils von "Dirty Dancing" ist ähnlich banal wie kurz erzählt und fast eine Kopie des Schinkens von 1987. Girl meets boy in Kuba, sie verliebt sich in den Einheimischen, er, der Tänzer, verliert wegen ihr Job, sie hilft ihm, Tanzwettbewerb, tanzen, poppen, tanzen, poppen. Die Handlung aus den USA nach Kuba zu verlagern war ein geschickter Schachzug, schließlich ist mit Latino-Rhythmen auf CD gepresst noch allerlei Umsatz zu machen. Mittlerweile gibt es ja Grammy Awards für die beste Latino-Mucke, und selbst im so unrhythmischen Deutschland ziehen sich Herr Bankkaufmann und Frau Stenotypistin regelmäßig Kreuzbandrisse zu, während sie beim Afterwork Salsa-Kurs versuchen, ähnliche Bewegungen aufs Parkett zu zaubern wie im Film gezeigt.
Immerhin versammelt sich auf dem Soundtrack zu "Dirty Dancing 2" eine beachtliche Riege an Weltstars, die zum Teil exklusive Tracks für die Untermalung des Films beisteuern. Die Black Eyed Peas, Santana, Mya, Wyclef Jean und Christina Aguilera stehen neben in hiesigen Breiten weitgehend unbekannten Musikern. Mit der Insel Kuba hat das Sammelsurium jedoch nur am Rande etwas zu tun.
Bis auf die Exil-Kubaner der Orishas und mit gutem Willen noch Yerba Buena haben die restlichen Interpreten kaum Beziehungen zur Karibikinsel, um die es eigentlich geht. Das spiegelt sich denn auch in den Songs wieder, die einem Surrogat für authentische kubanische Musik gleichen. Am offensichtlichsten zeigt dies Christina Aguilera, deren Nummer "El Beso Del Final" von ihrem Album "Mi Reflejo" stammt. Die Platte nahm Xtina extra für den lateinamerikanischen Raum auf, obwohl sie gar nicht des Spanischen mächtig ist. Kuba light eben, von vorne bis fast ganz nach hinten. Massenkompatibel, leicht verdaulich und entsprechend schnell wieder ausgeschieden.
Das mag für Freizeit-Salsisten und -Merenguitos ganz annehmbar sein, von der künstlerischen Seite her betrachtet muss man sich schon fragen, welchen Quatsch die glaubhafteren Künstler wie die Peas, Wyclef oder Santana noch mitzumachen bereit sind. Aufgesetzt und albern statt cool und feurig, so klingt "Dirty Dancing 2". Somit setzt der Soundtrack leider keinen Trend, sondern hechelt diesem hinterher, in der Hoffnung, noch ein paar Mäuse abzustauben, bevor die trendy Meute zu balkanischen Tänzen hyperventiliert.
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