laut.de-Kritik

Nächster Streich des Beherrschers der kranken Gedanken.

Review von

Was hat Tarantino, was ich nicht habe? Einen Riesenkeller voll popmusikalischer Sonderlinge und Freaks, so viel ist sicher. Es ist bisweilen schon bizarr, was der Großmeister des kruden Films hervor kramt, wenn es um die Soundtracks zu seinen visuellen Genialitäten geht. Er schafft es scheinbar spielend, sowohl mit durchgeknallten Filmen, aber auch mit der dazugehörigen, nicht minder abgefahrenen Filmmusik Standards zu setzen.

Dabei sind die Songs nicht cool oder lässig, sondern mitunter einfach nur sehr, sehr komisch. Trotzdem hat sich der Soundtrack zu "Pulp Fiction" zu einem der meistverkauften aller Zeiten gemausert. Und auch die Soundtracks der anderen Tarantino-Streifen "From Dusk till Dawn" mit der Musik von Tito and Tarantula und "Jackie Brown" dürfen auf keiner Soziologen-Party fehlen.

Nun also der nächste Streich des Beherrschers der kranken Gedanken: "Kill Bill, Vol. 1". Als zweiteiliger Streifen konzipiert, kommt der erste Teil der Racheengelgeschichte am 16. Oktober in die deutschen Kinos, der Soundtrack gibt einen Vorgeschmack auf das cineastische Großereignis des Herbstes. Wenn man von der CD auf den Film schließen darf, kann man sich entspannt zurücklehnen: alles beim Alten bei Tarantino. Die musikalische Filmuntermalung ist mit verbundenen Augen leicht als Tarantino-Output zu erkennen, und doch kein langweiliger Aufguss der voran gegangenen Soundtracks.

Er hat die altbewährte Sammlung des Komischen und Verschrobenen auf neue und durchaus interessante Weise zusammen gewürfelt. So stimmt der geheimnisvoll-düstere Opener von Nancy Sinatras "Bang Bang (My Baby Shot Me Down)" gleich auf die Tarantino-Streifen ganz eigene Atmosphäre ein. Die nächsten drei Tracks, "That Certain Female" von Charlie Feathers und Luis Bacalovs "The Grand Duel - (Parte Prima)" sowie "Twisted Nerve" von Bernard Herrmann sind typische tarantinoeske Soundtrackelemente, besonders "Twisted Nerve" sticht durch seine Krudheit hervor.

Tarantino bemüht deutlich weniger Filmzitate als auf dem "Pulp Fiction"-Soundtrack. Dafür bestehen die letzten Tracks aus diversen Soundelementen, die er sich eigentlich hätte sparen können. Interessant sind auch die Einlagen von HipHop-Wizard Rza. Es macht Sinn, ausgerechnet ihn für die Vertonung eines Tarantino-Streifens zu verpflichten, hat er doch eine ähnliche horizonterweiternde Vorstellung seines Genres, wie Tarantino es bei seinen Filmen unter Beweis stellt. Ein weiterer Pflichtbestandteil sind die verschrobenen Rockabilly/Surfsound-Tracks wie das lyrische "Woo Hoo" von den 5.6.7.8.'s.

Besonderes Schmankerl für die Liebhaber ungewöhnlicher Coverversionen ist die über zehn Minuten lange Santa Esmeralda-Version von "Don't let me be misunderstood" im Latin-Gewand. Der exotische Japan-Pop von Meiko Kaji rundet den Soundtrack in Sachen Vielfältigkeit perfekt ab und verweist gekonnt subtil auf die im Film allgegenwärtige Kung Fu-Thematik.

Wenn der Film hält, was der Soundtrack verspricht, steht dem geneigten Cineasten großes Unterhaltungskino ins Haus.

Trackliste

  1. 1. Bang Bang (My Baby Shot Me Down)
  2. 2. That Certain Female
  3. 3. The Grand Duel (Parte Prima)
  4. 4. Twisted Nerve
  5. 5. Queen Of The Crime Council
  6. 6. Ode To Oren Ishii
  7. 7. Run Fay Run
  8. 8. Green Hornet
  9. 9. Battle Without Honor Or Humanity
  10. 10. Don't Let Me Be Misunderstood
  11. 11. Woo Hoo
  12. 12. Crane/White Lightning
  13. 13. The Flower Of Carnage
  14. 14. The Lonely Shepherd
  15. 15. Your Wicked Life
  16. 16. Ironside (Excerpt)
  17. 17. Super 16 (Excerpt)
  18. 18. Yakuza Oren 1
  19. 19. Banister Fight
  20. 20. Flip Sting
  21. 21. Sword Swings
  22. 22. Axe Throws

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