laut.de-Kritik
20 Jahre und kein bisschen leise oder gar erwachsen.
Review von Michael EdeleEigentlich wollte ich mich mit Lobhudeleien beim neuen Overkill-Album zurückhalten. Wirklich begeistert war ich von "Relixiv" zunächst auch gar nicht, aber mit etwas Zeit entfaltet auch die 14. Scheibe der Jungs aus New Jersey ihre ganze Pracht. Auch wenn sie bestimmt nicht mehr die Frischesten sind, würde ich es mir nie erlauben, Blitz und seine Jungs als alte Säcke zu bezeichnen, denn wenn man sich den Kerl live auf der Bühne anschaut, kann man sich mit Sicherheit harmlosere Sparringspartner vorstellen.
Stimmlich ist der Mann ohne Zweifel immer noch absolut auf der Höhe und nach wie vor einzigartig. Overkill haben in der Thrash Metal-Geschichte mit Sicherheit das ein oder andere Kapitel quasi im Alleingang geschrieben und auch nach 20 Jahren Bandgeschichte wenig bis gar nichts verlernt. Das macht der Opener "Within Your Eyes", nach einem eher belanglosen Intro, unmissverständlich klar. Die Riffs von David Linsk sind unverkennbar und Tim Mallare drummt den Song gnadenlos nach vorne.
Das folgende "Love" kann hingegen nicht voll überzeugen, denn der Track bremst sich immer wieder selber aus. Anstatt ein zähflüssiges Meisterwerk wie "Skullcrusher" vom "Years Of Decay"-Album zu schreiben, können die schnellen Parts nicht richtig durchstarten und die trägen Sachen sich nicht richtig entfalten. Da macht "The Mark" schon deutlich mehr her.
"Loaded Rack" darf ebenfalls mehr. Zusammen mit Tracks wie "Bats InThe Belfry" oder dem mörderisch groovenden "Wheelz" hält sich der Beat meist eher im Midtempo-Breich auf, kann da aber jede Menge Druck erzeugen. Das bietet Blitz jede Gelegenheit, um mit seiner herrlich fiesen und aggressiven Stimme vom Leder zu ziehen und mächtig einzuheizen.
Das wortwörtliche volle Pfund auf die Schnauze teilt das Quintett aber mit "A Pound Of Flesh" aus. Dieser Killer hätte auch auf "Horrorscope" oder "The Killing Kind" platziert sein können. An solch einem Track dürfen sich sämtliche Jungspunde weiter die Zähne ausbeißen. Thrash as Thrash can!
Den Vogel schießen Overkill aber mit "Old School" ab. Was zur Hölle ist das denn? Schunkel-Thrash? Sowohl der zum Brüllen coole Text (mit den paar Samples), als auch der fast schon an Funpunk erinnernde Sound ist sowas von untypisch für Overkill, verdeutlicht aber gleichzeitig, mit welchem Spaß und Humor die Jungs an die Sache rangehen. 20 Jahre und kein bisschen leise oder erwachsen. Fuck, yeah!
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