laut.de-Kritik
Emocore aus Aachen mit viel Gefühl.
Review von Samantha BailPale werden gemeinhin als Emo bezeichnet und in einem Atemzug mit Bands wie Jimmy Eat World und den Get Up Kids genannt. Der einzige Unterschied: Pale kommen aus Deutschland, genauer gesagt aus Aachen, das nicht gerade als die Hochburg des Emocore bekannt ist. Und wirklich Hardcore ist ihr neues Album "How To Survive Chance" auch nicht. Dafür um so emotionaler.
Weg vom Schubladendenken, hin zum wirklich Wichtigen: Auf ihrem neuen Album arbeiten sich die vier quer durch die Palette der ganz großen Gefühle. Manche mögen das vielleicht für aufgesetzt oder übertrieben halten, aber wenn man sich drauf einlässt, bekommt man tolle Popmusik zu hören. In Songs wie "Goodbye Trouble" oder "Let's Get It On" (die Titel sind schon bezeichnend), packen Pale die Gitarren aus und zaubern einem mit wunderschönen Melodien ein Lächeln aufs Gesicht und Sonne in den Geist. Das erinnert noch an das etwas rockigere Vorgängeralbum "Razzmatazz".
Im Gegensatz dazu finden sich auf der neuen Platte aber auch mehrere ruhigere Lieder, Streicher, Bläser und elektronische Effekte. Ganz groß. Wie auch "All Walls Are Bricks", das einen mit Klavier und Stimme ganz allein lässt und das man am liebsten so lange auf Repeat laufen lassen möchte, bis man sich in den Schlaf geweint hat. Etwas motivierender kommt "Drop That Beat" daher, bei dem Pale so ziemlich alles an Kitsch-Specials (oben genannte Streicher, Klavier, Hintergrundchöre) auffahren, das trotzdem aber nie wirklich kitschig, sondern einfach nur schön klingt. Zu erwähnen ist auch noch "Karaoke Queen", das mit seinen Retro-Beats und Bläsern dem inneren Auge eine Revue-Show in Technicolor mit Tänzerinnen in Glitzerkleidern und vielen Federn vorspiegelt.
Leider siegt an manchen Stellen doch das Hirn über das Herz und man bemerkt, dass es einfach zu viel ist. Bei der Produktion wäre wieder mal weniger mehr gewesen und hätte vielleicht verhindern können, dass sich die Instrumente im Hintergrund zu einem Klangbrei überlagern.
Nichtsdestotrotz - wenn man dann, in Gedanken versunken aus dem Fenster blickend, den Kopf auf die Hände gestützt, den letzten Tönen des letzten Tracks "How To Survive Chance" lauscht, weiß man, dass man noch einmal 36 Minuten allein mit diesem Album verbringen will.
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